06.09.2022,
Sebastian383:
Etwas übernächtigt wache ich heute morgen in Luz Saint Sauveur auf. Gestern hatte ich alle noch offenen AUfgaben erst nach Mitternacht erledigt gehabt. So trotte ich etwas müde zum Frühstück und lade mir ausreichend Kalorien auf den Teller, schliesslich liegt der lange Anstieg zum Tourmalet vor uns. Heute guide ich erstmals bei dieser Gruppe 1, so kann Frank sich etwas schonen und ich werde nach 4 Tagen erstmals etwas mehr gefordert.
So rollen wir bei angenehmen Morgentemperaturen und mit Schatten in den Tourmalet. Der Tourmalet liegt mir richtig, 18 km mit gleichbleibender Steigung, einfach meine Welt. So fahre ich an der Spitze zunächst durch Barége, bevor sich die weite Ebene vor mir ausbreitet. Die Hänge mit Moosen und Gräsern bedeckt, welch tolles Panorama. Oliver und Jenny kann ich am Anfang noch eine Kehre unter mir sehen, mit zusehender Länge des Anstiegs verliere ich sie jedoch aus den Augen und geniesse die Landschaft und das Kurbeln in Richtung Passhöhe. Als ich oben ankomme, muss ich leider feststellen, dass der zuvor mit einfachem Kisok und Auberge geschmückte Tourmalet, in eine richtige Festung umgebaut wird. Hoffentlich kein zweiter Stelvio-Marktplatz. Ich fahre wieder eine Kehre weiter nach unten und empfange die ganze Gruppe mit aufmunternden Worten und Foto mit tollem Bergpanorama. Nachdem sich alle verpflegt haben, begeben wir uns in die Abfahrt. Zunächst durch den Skiort La Mangie geht es in die lange Abfahrt nach Saint Marie de Campan. In der zu durchfahrenden Galerie muss ich zweimal schauen, stehen dort doch Pferde seelenruhig herum und lassen sich auch durch bergwärts fahrende Automobilisten nicht aus der Ruhe bringen. Thorsten berichtet mir später, dass ihn dies auch noch zum Singen inspiriert hat. Frei nach Klaus & Klaus: Da steht ein Pferd auf dem Flur.
In Saint Marie sammeln wir die Gruppen, machen ein Foto vom bekannten Standbild und füllen unsere Flaschen, um den zweiten Pass des Tages, den Aspin in Angriff zu nehmen. Ich muss zugeben, diese Seite des Aspin bin ich noch nicht gefahren. Am Anfang stelle ich auch fest, ist es irgendwie kein Pass, nur 2%, dann 4%, dann wieder 2% pro Kilometer Durchschnittssteigung. Erst nach Erreichen von Payolle nimmt die Steigung fahrt auf. Ich beschliesse weiter nach vorne zu fahren, muss aber feststellen, dass meine Beine ziemlich müde wirken. Hätte ich doch auch oben am Tourmalet noch etwas essen sollen. So rolle ich den Berg hinauf und sehne das Buffet von Manfred herbei. Anders als die Auffahrt zum Tourmalet führt fast der ganze Anstieg des Aspin durch einen Fichtenwald, durch die geringere Höhe erreicht man hier die Baumgrenze erst am Gipfel.
Wir machen eine ziemlich lange Pause, geniessen den Blick auf den fast wolkenfreien Pic du Midi und Manfred wird fast alles Getränk und Essen los. Mit den Resten füttert er noch drei Niederländer durch, die sich ohne Verpflegung in die Auffahrt gemacht hatten. Wir sind zu dieser Zeit schon auf dem Weg zum Peyresourde. Ich habe eigentlich nur gute Erinnerungen an der Anstieg, ist er doch ebenso wie der Tourmalet mit gleichmässiger Steigung schön zu fahren. Die Mittagssonne brennt wieder recht ordentlich von oben und ich bin froh, zwei volle Flaschen dabei zu haben. Oben angekommen bestellen wir erstmal Getränke und die berühmten Crêpes. Am Vorabend hatte ich noch vollmundig von 12 Crêpes für 6 EUR berichtet, die Jan 2019 bezahlt hatte. Jedoch hat auch hier die Inflation zugeschlagen und so zahlen wir unglaubliche 7 EUR für unsere 12 bestellten Crêpes. Wo bekommt man eine solche Anzahl noch zu diesem Preis? In Deutschland wohl kaum. Wir geniessen die Spezialität und gehen daann in die finale Abfahrt. Diese ist schnell erledigt und so residieren wir heute Abend im schmucke Städtchen Bagnière de Luchon. Gute Nacht.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Königsetappe? Es gibt auf unserer Reise einige Etappen, die diesen Titel verdient haben, und wirklich festlegen wollen wir uns nicht. Aber eines ist klar: mit den Klassikern Tourmalet, Aspin und Peyresourde geht es auch heute wieder höhenmeterreich zur Sache. Bei der Tour de France wird am Col du Tourmalet ja oft das Souvenir Jacques Goddet vergeben, zu Ehren des ehemaligen Tour-de-France-Organisators gleichen Namens. Also vergeben wir am Dach unserer Tour das Souvenir Jan Sahner, zu Ehren des quäldich-Gründers. Nebenbei bemerkt: wir erklimmen den Tourmalet von der deutlich schöneren Westseite. Vom sich anschließenden Col d'Aspin genießen wir dann die schöne Abfahrt in Richtung Arreau. Damit wäre eigenltich schon eine vollwertige Etappe absolviert, doch wir fahren auch noch über den Col de Peyresourde - Gerüchten zufolge gibt es dort immer noch die sensationelle Crêpes-Bude mit noch sensationellerem Preis-Leistungs-Verhältnis...