14.09.2022,
robert89:
Auf der Wetter App steht Sonnenschein, 23 Grad, kein Regenrisiko. Auf dem Etappenplan stehen 120 km und 2600 Hm in die hohen Berge in Montenegros Norden. Am Start der dritten Etappe stehen 20 gespannte Radfahrer, die sich auf eine legendäre Passstraße freuen. Sie teilen die Passion fürs Rennradfahren und vermutlich, weil sie genau bei der eher exotischen Reise dabei sind, auch noch etwas mehr! Die Harmonie könnte kaum größer sein. Und so begann unter besten Voraussetzungen und mit voller Freude unsere dritte Etappe nach Zabljak.
Den Verkehr um Niksic lassen wir schnell hinter uns. Die Etappe braucht dennoch ihre Zeit. Zwar scheint die Sonne, aber die Sicht auf die umliegenden Bergmassive ist diesig. All das Schöne, was noch kommen soll, weit weg. Auf der nichtbefahrenen Europastraße nähern wir uns den ersten kleineren Pässen. Die Gespräche lassen die Zeit nicht zu lang werden. Die Abfahrten sind stets kürzer als die Anstiege. Das wir voran kommen und stetig an Höhe gewinnen, spüren wir an den Temperaturen. Bergab in Kurz-Kurz wird es frisch.
Für einen Schreckensmoment sorgt ein in die Gruppe laufender Hund. Alle bewahren kühlen Kopf, niemand bremst zu stark und alle steuern um den Hund herum, der durch ein entgegen kommendes Auto verwirrt von uns ablässt. Wir nähern uns der Piva-Schlucht. Ein hunderte Meter tief eingeschnittenes Tal am Rand des Durmitors. Dank mächtiger Staudämme ist das Tal reichlich mit Wasser gefüllt. Eingebettet zwischen noch saftig grünen Berghängen schimmert der Piva-Stausee türkisblau. Hier in Pluzine startete vor einigen Wochen beim Transcontinental Race die Checkpointstrecke durch das Durmitor. Wir nehmen die gleiche Strecke, sie ist schon jahrelang bei quäldich im Programm! Nach je einem Durchschlag bei Matthias und Wieland müssen nur noch zwei Schläuche gewechselt werden. Eine lange Geraden über den Stausee eröffnet dann das Bergspektakel. Kaum sichtbar schlängelt sich die Straße am und durch den bröseligen Felshang hinauf. Die unbeleuchteten Tunnel sorgen für Staunen. Das Buffet von Danilo ebenso. Mit den Gedanken vermutlich schon woanders, vergesse ich meinen Guiderucksack und muss nochmal zum Pausenpunkt umdrehen. Bis zum Durmitor Sedlo sind es über 1400 Höhenmeter. Eine anspruchsvolle Passage. Als ich mich wieder von hinten durch die Gruppe arbeite, sehe ich in jedem Gesicht ein Lächeln. Hinter dem Örtchen Trsa öffnet sich die Landschaft. Eine andere Welt. Durch weite Wiesen und kleine Wäldchen verläuft eine schmale Straße. Ringsum hohe Bergmassive, aber doch mit Abstand. Wir machen viele Fotos, halten an und genießen die unglaublichen Weiten. Der Durmitor ist zweifelsfrei ein Hochgebirge, aber mit den Vorzügen eines Mittelgebirges. Alles ist etwas lieblicher. Wie von einem Königsthron blickt man über die Landschaft. Die Passstraße führt zu mehreren Hochpunkten. Vorbei am höchsten Basketballkorb des Landes, an mächtigen Bilderrahmen, die für Fotos genutzt werden können, mitten durch die imposante Hochgebirgskulisse und final auf den 1900 m hohen Sedlo Pass. Einfach majestätisch und schwer zu toppen! Die Abfahrt nach Zabljak ist kurz, der Weg zum Hotel nicht mehr weit. Ich werbe noch für einen Extrabstecher zum Schwarzen See. Mit Erfolg. Ein rundum gelungener Tag!