13.09.2022,
robert89:
Der Tag zwei beginnt am Abend vorher. Als Danilo offenbarte, dass wir wegen umfassendem Straßenbau im montenegrinischen Hinterland die E2 nicht wie geplant von Kotor nach Niksic fahren können. Also spontane Etappenneuplanung und nach Einstellarbeiten an den Rädern endlich ins Bett gefallen. Zwar haben Denny, Leonie und Matthias noch nicht ihr Gepäck, aber wenigstens ihre Räder vom Flughafen bekommen. So können wir dank reiseinternen Lycraaustausch endlich in kompletter Gruppenstärke auf die zweite Etappe gehen. Der Tag beginnt mit einem tollen Frühstücksbuffet, mit Blick auf die Sonne, die sich gegen 8 Uhr über die Karstfelsen von Kotor erhebt und die Bucht hell erstrahlt. Wunderschön!
Wie immer starten wir gegen 9 Uhr auf die Etappe. Leicht verspätet. Philipp hat Bananenmatsche in der Tasche seines Passjäger-Trikots und sorgt für Gelächter. Nach kurzem Verkehrschaos in Kotor biegen wir auf die Serpentinenstraße ab und haben endlich, endlich unsere Ruhe. 25 enge Serpentinen schlängeln sich auf schmaler Straße 1000 m hoch über die Bucht. Die quäldich Powerfrauen Annika, Maresa und Conny ziehen davon. Ich pflüge mich von hinten durchs Feld, checke das Wohlbefinden der Gäste und mache Fotos an den schönsten Serpentinen.
Hier radeln zu dürfen, ist schon etwas ganz besonderes. Die Zeit im Anstieg verfliegt, die Laune ist bestens. Darauf gibt es oben erstmal Cola oder Espresso für alle. Eine Stunde später sind wir schon über die nächste einsame Passstraße gefahren und mitten im wilden Hinterland angekommen, durch das sich wellig ein graues und raues Asphaltband zieht. Wer hier lebt, hat keine Nachbarn und auch sonst nicht viel.
Kilometer 40 - Wir machen Pause am Buffet von Danilo. Es gibt Brot und Prsut, das Pendant zum spanischen Jamon Serrano. Ein luftgetrockneter Schinken, der in den Bergen gereift ist. Zur Erleichterung der Vegetarier hat Danilo aber auch allerhand fleischfreie Produkte. Brot mit Erdnussbutter und kreativen Nuss- und Trockenfrüchtetopping entwickelt sich bei Annika zum Favorit. Danilo hat derweil gute Nachrichten für uns. Wir können die normale E2 fahren, die Straße ist doch schon fertig gestellt. Kurze Absprache mit dem Ergebnis: Alle haben Bock auf die lange E2 Variante zum Kloster Ostrog. Mit voller Plautze und Flaschen, erfreuen wir uns erst über die neu gebaute Straße bis Cevo und rumpeln danach schier endlos durch die Pampa bis Danilovgrad hinab. Niemand erleidet eine Reifenpanne. Auf die Gruppe ist eben Verlass! Großes Sammeln am Ende der Abfahrt. Jeder sucht den Schatten. Heiß ist es geworden. Zur Belohnung gibt es 12 Liter Wasser und ein paar Kekse am nächsten Supermarkt. Andrea und Conny gönnen sich eine kalte Kopfdusche. Mehr als 1000 Höhenmeter sollen nun folgen. Bis zum Kloster Ostrog, das beeindruckend in den Fels gebaut wurde. Jeder fährt nun sein Tempo, alle freuen sich über Flachstücke, wo der Fahrtwind etwas Kühlung verschafft. Der Garmin meldet 35 Grad aus der Sonne. Jan schreibt aus dem Grupetto was von zwei Schäferhunden am Friedhof und fragt, ob die gefährlich sind. Er wird es überleben. Quasi zeitgleich wird vorn Matthias vermutlich von einer serbisch-orthodoxen Biene gestochen. Danach hatte er soviel Druck in der linken Wade, dass er gleich doppelt so schnell zum Kloster fliegt. Andrea und Knut haben nicht soviel Glück und leiden vor der Schlussrampe unter Krämpfen. Bei Knut sind zudem die Schrauben locker. Alle vier Kurbelblattschrauben wollen sich verabschieden und müssen festgezogen werden. Jan ist der Hundehölle entkommen und ordert schon mal eine Klostercola vor. Ich setze den Auftrag um und ziehe davon. Oben angekommen wird der Getränkeautomat geplündert und brennende Fußsohlen gelüftet. Alle sind glücklich.
Bei warmem Abendlicht schaffen wir auch noch den letzten Rollerberg und erreichen ohne eine brenzlige Situation Niksic. Der Ort, wo das einzige montenegrinische Bier gebraut wird. Niksicko (Aussprache: Nikschitchko). Vermutlich weil der Name für uns kaum richtig ausgesprochen werden kann, erst recht nicht nach mehreren Bier, meldet die entspannte Gruppe zeitnah, dass es in Niksic erheblichen Niksicko Mangel gibt. Mich stört das nicht. Dafür soll das verschollene Gepäck von Leonie, Denny und Matthias nach dem Abendessen im Hotel eintreffen. Das freut mich! Nach dem rasant-hektischen Abendmahl mit einem grünen Apfel als Dessert, laufen wir noch in die Innenstadt. Es gibt Eis - und im Hotel Gepäck! Spätestens jetzt sind alle zufrieden...
Urpsrüngliche Etappenbeschreibung:
Wir fahren ab nach Danilovgrad, meiden dann aber die Hauptstraße und schlagen uns stattdessen rechts in die Berge, dabei nehmen wir wahlweise noch den Anstieg zum Kloster Ostrog mit.