16.09.2022,
robert89:
Nach den beiden Etappen durch die hohen Berge Durmitors galt es die Erwartungshaltung ein wenig herunter zu schrauben. Denn auf dem Papier bot der fünfte Tag nicht die Superlative der Vortage. Einmal durch Montenegros grünes Niemandsland sollte es gehen. Drei Pässe standen auf dem Programm, wovon sich der letzte vermutlich am stärksten in das Gedächtnis eingeprägt hat, doch dazu später mehr. Kommen wir erstmal zu den schönen Dingen der Etappe. Das wirklich saftig-frühlingshafte Grün. Die verkehrsfreien Straßen. Die Sonne, die uns nach Regen in der Nacht abermals verwöhnte. Danilo mit dem extra Wasserstop am Semolj-Pass und einem Buffet, das erneut umfangreicher wurde. Dabei hatten wir, genau zwischen Wasserstop und Buffetpause, schon reichlich Vitamine getankt. Dabei wollten wir doch nur eine kleine Cafépause einlegen...
In der Abfahrt vom Semolj-Pass gibt es nach etwa 10 km Abfahrt auf der rechten Seite ein kleines Café. Wir halten an. Kaffee, kann der Herr mit dem grauen, durchlöcherten T-Shirt auf seinem kleinen Gaskocher auch machen. Das Highlight ist aber sein gepflegter Garten. Aromatische Weintrauben können wir direkt von oben pflücken. Serviert gibt es selbstgemachten Obstsaft. Für die Frauen noch ein süßer Fruchtsirup, der für was auch immer gut sein soll. Denn wir verstehen nicht was er sagt, können aber sehr wohl heraus hören, das er Thomas Müller, Icke Hässler und viele weitere deutsche Fußballspieler kennt. Dazu natürlich auch Angelika Merkel. Und weil er doch viel zu erzählen hat, bekommen wir immer mehr Obstschalen auf den Tisch gestellt. Pflaumen, Mirabellen, Äpfel, Birnen, Weintrauben. Es muss die gesündeste Cafépause gewesen sein, die es je auf einer quäldich-Reise gab.
Kommen wir nun zum Pass, der sich an dem Tag ebenso in unser Gedächtnis verankert, oder besser gesagt, ins Gehirn eingerüttelt hat. Der 7 km lange Anstieg zum Treshnjevik ist ein besonders holpriges Erlebnis. Eine Aneinandereihung von Schlaglöchern. Da, wo für eine paar Meter keine Schlaglöcher sind, ist die Straße wenigstens aufgebrochen und mit Rissen durchzogen. Mit Glück bellt noch irgendwo ein Hund und rennt ein paar Meter mit. Aus 5% Durchschnittssteigung wird gefühlt die doppelte. Es rollt so schlecht, das es schon wieder lustig wird. Den Zustand kann man getrost als katastrophal bezeichnen und von einer Abfahrt auf der Westseite des Treshnjeviks mit dem Rennrad nur abraten. Dafür ist die Abfahrt nach Osten zum Etappenziel nach Andrijevica um einiges besser! Bis auf ein LKW großes fehlendes Asphaltstück in einer Linksserpentine und der Metallgitterradständer am Ende der Etappe, wo sich Jan vorbildlich warnend davor stellte. Danke! Eine Überführungsetappe, dafür mit Schmutzbier und guter Laune am Ende!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir fahren vom Norden in den Osten des Landes. 129km Abwechslung - auch ohne Städte: erst Nadelwald, dann menschenleere Steppe. Ein fruchtbares Tal hinunter. Alles wird grün. Im Wald wieder hoch zum einsamen Semolj-Pass, 20km rauschende Abfahrt in die Moraca-Schlucht. Nach einem kurzen Gegenanstieg runter zur Tara bei Kolasin, wieder hoch zum Tresnjevik. Und dann noch eine rauschende Abfahrt nach Andrijevica.