29.05.2022,
hagen306:
Wie sagten wir doch vor einigen Tagen? - "Baskenland. Kein Urlaub. Eine Mission." Wir bleiben uns treu: Leidenschaft enthält ja bekanntlich "Leiden"; die anwesenden Linguisten wiegen fachmännisch den Kopf: Oiz heißt bestimmt auch im Baskischen "Leiden". Und hierfür erbringen wir sogleich den Beweis zum Abschluss unserer Prozentewoche an ebenjenem Oiz auf 1028m kurz vor Bilbao. Es folgt ein Einblick in die Aggregatzustände des Pelotons auf dem Leidensweg hinauf zum heiligen Schrein der Etappe.
Die Fraktion "üble Verdächtige": bekommt von den 20%-Rampen nur wenig mit - sie fliegt einfach hinauf. Während manch anderer noch hinauf keucht, nähert sich von oben schon wieder drohnengleich das bedrohliche Rattern der Freiläufe. Die Fraktion "radelnde GoPro/Chatmonster" quetscht sich dabei gerade mal ein inständiges "F***" in unsere Chatgruppe heraus.
Währenddessen überlistet sich die Fraktion 36/30 selbst, indem sie sich einfach fortlaufend sagt, dass der Angliru in Asturien ja noch viel schlimmer sei. Die Fraktion "mei bin i platt, letzter Tag, nee, nicht Euer Ernst?" kann nicht darauf hoffen, dass wir eine gebrochene Speiche als Alibi für Nicht-Befahrung gelten lassen - also drückt auch sie nach Laufradtausch rauf und spürt tatsächlich ganz oben das Gefühl, dass wir Passjäger doch alle so sehr lieben: Erhabenheit, wenn der Thron erklommen ist. Krone brauchen wir nicht, der Helm sitzt nachwievor perfekt.
Die Fraktion "stärkste Gruppe 3 aller Zeiten" gibt sich heute hingegen indifferent und beauftragt stellvertretend ihren Guide mit dem Erlegen der Bestie. Währenddessen vernehmen wir hier und da den einen oder anderen Not(h)schrei - das knackende Knie verstummt hingegen ehrfürchtig vor der schieren Übermacht dieses Monstrums von einem Berg.
Aus der Fraktion "Sinn des Ganzen" ist heute hingegen wenig zu hören. Erstens ist der Oiz sowas von sinnlos, unmöglich, überflüssig, vollkommen gaga und daneben. Zweitens konstatieren wir, dass sich die Sinnfrage ohnehin nur bis 15 Steigungsprozenten stellt. Oberhalb dieser Grenze folgt ... Leere, Tunnel, Schmerz. In dieser Reihenfolge. Und danach dann: Nichts.
Somit wären also die Lichter gelöscht. Eine Woche Baskenland, eine Woche spansiche Radsportklassiker liegt hinter uns. Weniger Regen als gedacht, genauso viele Pässe wie geplant. Mehr Begeisterung für dieses Radsport-Eldorado als ohnehin schon vor Antritt der Tour. Mission accomplished!
Originalbeschriebung des highway to hell:
Die Bestie hat einen Namen: Monte Oiz
Gegenüber der "Kurz"-variante nehmen wir ab dem Balcón de Bizkaya die Nordrampe zum Monte Oiz, der in 2018 vuelta-erprobten Gemeinheit (1019m). 5 teils bestialisch steile Kilometer mit Spitzen weit jenseits der 20% warten - ser Angliru der Basken!! 360-Grad-Panorama von ganz oben - der Oiz ist schlicht der höchste Berg hier.
Runter geht´s auf gleicher Strecke und dann wie die Normalstrecke nach Bilbao. Die Klassikerwoche ist beendet - Beine hoch! Gläser auch!