27.05.2022,
Jan:
Heute ist ein trauriger Tag für die Freunde des Apennin. Heute ist ein trauriger Tag für die Freunde Italiens. Heute mussten wir in tiefer Trauer die
Sella di Leonessa zu Grabe tragen.
Die Sella di Leonessa, so liest man in
APs vorzüglicher Passbeschreibung, war bis dato der höchste Passübergang des Apennin, mit 1900 m Höhe laut quäldich und 1895 m laut Passschild. Er war einmal, denn heute haben wir auf unserer Befahrung erfahren müssen, dass er schon seit letztem Jahr gesperrt ist. Die Locals fahren natürlich weiterhin drüber, aber auf halber Höhe verhindert eine massive, hüfthohe Betonsperre die Weiterfahrt für alle Kraftfahrzeuge, und auch die Räder muss man darüber heben. Da in diesem Jahr laut Strava schon 18 Personen drüber gefahren sind, entscheiden wir an Evas (wie immer fantastischer) Mittagsverpflegung bei Leonessa, die dort ausgeschilderte Sperre zu ignorieren.Wenig später hält erst ein Baufahrzeug, dann ein PKW an unserer Verpflegung. Schon der Bauarbeiter ("ich habe nichts gesagt"), gibt uns zu verstehen, dass man mit dem Rad, aber nur mit dem Rad fahren kann. Wenig später wünscht uns auch sein Vorgesetzter aus dem PKW "buon divertimento", viel Spaß also.
Solcherlei bestätigt schlagen wir die Alternativroute über den
Valico Torre Fuscello in den Wind und gehen siegesgewiss die Auffahrt an, die
dagmarr und ich schon von Garmisch-Rom 2019 kennen. Aber wie hat sie sich verändert, in den drei Jahren! Erst versperren uns mehrere Kuhherden den Weg. Die Natur nimmt sich den Raum zurück! Dann, nach der Betonsperre, ist die Straße tatsächlich übersäht von Felsbrocken. Angesichts der Schneefelder und der Felsbrocken wird mir dann doch mulmig, und ich warte am technisch anspruchsvollsten Stück, bis alle Teilnehmer von Gruppe 1 und 2 durch sind. Hoffentlich geht das gut!
Es geht gut, dennoch kann ich die hochalpine Passage durch die letzten Kehren kaum genießen. Ein lokaler Radsportler, der mit seinem Gravelbike unterwegs ist (er weiß, warum), informiert uns, dass der Pass schon seit einem Jahr zu ist. Und dass keine Pläne bestehen, ihn wiederherzustellen. Die Sicherung der instabilen Felswand im oberen Bereich der nördlichen Passstraße würde wohl zu hohe Kosten verursachen. Wie traurig, immer mehr Passstraßen der Region werden dem Verfall überlassen, wie schon seit 2009 der
Valico di Serra Sant'Antonio, den wir gerne auf unserer ersten Etappe mitgenommen hätten. Ein Hoch also auf Peter*, den letzten quäldich-Teilnehmer, der (vermutlich je) die Sella di Leonessa bezwungen hat.
Passchild, Abfahrt nach Rieti, zum Mittelpunkt Italiens inmitten der sehr schönen Altstadt!
*Name von der Redaktion geändert.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute geht es über den höchsten Passübergang des Apennin, die 1900 m hohe Sella di Leonessa am 2217 m hohen Monte Terminillo. Bevor wir den Pass mit immerhin knapp 1000 Höhenmetern am Stück in Angriff nehmen, müssen wir jedoch noch auf einsamen Straßen ein Stück nach Norden fahren. Zum Abschluss des Tages genießen wir eine rauschende Abfahrt vom Terminillo bis nach Rieti.