19.09.2021,
Jan:
Da heute einer der schönsten Tage der Woche sein soll, trauen wir uns trotz des Sonntags an die Befahrung der
Gorges de la Nesque , dem einzigen Hochpunkt der Region auf meiner todo-Liste und somit klar: Mainstream. Gestern habe ich mich noch bei Tom rückversichert, ob man das machen kann, denn schließlich war schon gestern rund um Gordes richtig viel Verkehr, und am heutigen Sonntag ist bei bestem Wetter nicht weniger zu erwarten. Aber nein, so versichert mir Tom, die touristischen Orte seien viel überlaufener, und die Gorges de la Nesque eher bei Radfahrern als bei Automobilisten bekannt. Also wagen wir es.
Heute Nacht hatte es heftig geregnet, und der Himmel ist, entgegen der Vorhersage, noch bedeckt, als wir um 9 Uhr aufbrechen. Wir fahren durch Isles-sur-la-Sorgue und Pernes-les-Fontaines, und auch, als wir auf Mazan zu fahren, sind die Straßen noch nass und der Himmel grau. So haben wir uns das nicht vorgestellt, wir wollen die Gorges de la Nesques mit blauem Himmel und freiem Blick auf den
Mont Ventoux. Ein Blick auf den Regenradar zeigt, dass sich die Wolken demnächst verziehen sollen, also steuern wir ein Café in Mazan an. Kurzes Unverständnis. Kaffeepause, jetzt schon? Nach 20 km? Aha, na gut.
10 km später fahren wir bei Villes-sur-Auzon in die Gorges ein, und der Himmel ist immer noch grau. Dafür wirds schon nett, als wir über eine kleine Doppelserpentine Höhe gewinnen. Aber die Wolken müssen noch weg! Glücklicherweise opfert sich Peter in Form eines Doppelplattens auf. Beim ersten Schlauchwechselversuch hatte ich den Glassplitter lieber noch im Reifen gelassen, damit wir gleich darauf noch etwas Zeit gut machen können, als ich den zweiten Platten versorge. Und tatsächlich, danke Peter, es wirkt! Die Sonne ist da! Und wir können den schönsten Teil der Schlucht bei blauem Himmel und trockenen Straßen fahren. Immer wieder ertönt die Motivklingel, beim Felstunnel etwa, oder wegen der Felsgrate auf der anderen Seite der Nesque, oder weil die Straße so schön unter uns durch den Garrique-Bewuchs führt. Zwei Franzosen auf E-Bikes verwickeln uns in Gespräche, und der eine macht netterweise noch Fotos von mir, als der Rest der Gruppe längst enteilt ist. Susanne ist es auch zu hektisch, und so erreichen wir fotografierend mit ordentlich Abstand den Aussichtspunkt am höchsten Punkt der Straße, von wo aus man bei gutem Wetter auch den Mont Ventoux oberhalb der Schlucht sehen kann. Dafür hatte Peter heute leider einige Platten zu wenig, denn der Ventoux möchte seine Wolkenmütze heute nicht mehr abnehmen.
Schön ist es aber dennoch! Sehr schön! Sehr lohnenswert! Und außer ein paar Porsche-Karawanen mit wirklich erträglichem Verkehr. Glück gehabt!
In Sault steuern wir die Panorama-Terrasse des Promenade Chez Justin an. Der Himmel hat sich schon wieder zu gezogen, es ist kalt. Aber was essen müssen wir, und die Bäckereien haben so spät schon zu. Aber die Bedienung ist wirklich auf Zack, und für eine Restaurant-Verpflegung klappt es außerordentlich gut.
Wir gehen auf die B-Variante, die von Sault noch einmal die Vaucluse-Hochebene erklimmt und diese über den
Col de Lagarde d'Apt nach Süden verlässt. Hier ist gar nichts los, absolute Einsamkeit. Lavendelfelder. Rauher Wind. Hohe Italianità im Gruppetto bei Stefan. Hier fühle ich mich zu Hause. So zu Hause wie es nur geht in der Provence, in der ich die Sprache nur radebreche. Herrliche Abfahrt hinunter in das Calavon-Tal mit Blick in den Luberon. Der Wind hat aufgefrischt und greift bedenklich in die Vorderräder. Wir halten die Lenker fest.
Unten liegen noch 38 km vor uns bis zum Hotel. Harte Kilometer, hauptsächlich gegen den Wind. Axel und Mirko stemmen sich als unsere Lokomotiven in den Wind. Noch drei Wellen. Saint-Saturnin, Gordes, Bourbourin. Wunderschöne Provence. Schmutz-Leffe.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Kilometerfresser fahren nach der Nesque-Schlucht noch eine ausgedehntere Runde über das Plateau und genießen die schöne Abfahrt vom Col de Lagarde-d'Apt.