25.08.2021,
Jan:
Vor 23 Jahren, am 6.8.1998, war der Col de l'Iseran mein erster 2000er-Alpenpass, und seitdem bin ich nicht mehr von Bourg St Maurice hoch gefahren. Entsprechend gespannt bin ich, meine Erinnerungen sind allenfalls schemenhaft. Heute schließe ich mich wieder Isas Gruppe an. Sven und Jesse sind heute morgen im Schongang unterwegs. Das passt mir gut, schließlich habe ich gestern Abend einen Ruhetag ausgerufen, und die gestern geschundenen Beine können ein lockeres Einrollen gut verkraften.
Die erste Welle über Montvalezan ist schnell weg gedrückt. Krass, schon 400 Höhenmeter im Kasten, die aber gleich wieder verbrannt werden, denn erst 350 Höhenmeter tiefer treffen wir auf die Iseran-Passstraße. Hier gibt's noch einiges an Verkehr, aber er stört nicht wirklich. Meist können wir nebeneinander fahren und reden. Schon sehen wir vor uns die Staumauer des Lac de Cevril, an der die unangenehmen Galerien am Stausee entlang beginnen. Die sind mittlerweile gut beleuchtet, eine Baustelle war nur im Bereich darunter, und schon sind wir in Val d'Isère auf 1850 m Höhe. Wir checken in die Patisserie Maison Chevallot Val d'Isère "Les Clarines" ein, wo wir köstliche Törtchen und Quiches zu gutem Kaffee konsumieren. Wir sitzen in der Sonne und genießen. Urlaub!
Nun sind es nur noch 950 Höhenmeter auf 16,5 Kilometern. Der Wind weht günstig von hinten, er bläst uns geradezu Richtung Pass. Die Bergwelt hinter Val d'Isère ist fantastisch, wir fahren in ein regelrechtes Felsatrium hinein. Tief hinten im Tal erreichen wir die erste Kehre. Sven hat gestern recherchiert, dass man von hier zum Lago Serru innerhalb vom Nivolet wandern kann. Die Passhöhe vom Nivolet ist ja nur ca zwanzig Kilometer Luftlinie von der des Iseran entfernt! Tatsächlich finden wir hier die Wandertafel "Lago Serru 5h" - das mache ich irgendwann zu Fuß! Nun ist uns die Gruppe enteilt, und wir müssen uns ordentlich sputen. Als wir Lena wieder einholen, bleibe ich bei ihr, und wir fahren den Rest zusammen. Sogar als ich zwei Holländern beim Beheben ihres Plattens helfe, wartet Lena. Vermutlich will sie dem Eindruck entgegen wirken, ich sei nicht willkommen in Gruppe 2. Danke, Lena!
Dass der Col de l'Iseran so schön ist, hatte ich in den letzten 23 Jahren vergessen.
Oben machen wir das erste Passschildbild der Reise, dann rumpeln wir runter nach Bonneval-sur-Arc. Diese Seite könnten sie mal neu asphaltieren. Es ist schon frisch im Ort, und wir fahren lieber weiter. Auf der Hochebene bis zum Col de la Madeleine kämpfen wir uns gegen den Wind, und wir beenden die Etappe mit einer rauschenden Abfahrt. "Es wird jeden Tag schöner", sagt Isa. Finde ich auch.
Und darauf schmeißt Alexander eine Runde Chartreuse!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Nur ein Pass steht heute wiederum auf dem Programm, aber der hat es so richtig in sich, handelt es sich doch beim Col de l'Iséran um den höchsten echten Alpenpass. Die Cime de la Bonette, die uns am letzten Tag erwartet, ist zwar nochmal ein paar Meter höher, aber sie ist eben kein echter Pass, und der Superlativ gebührt dem Iséran. Und man spürt auch irgendwie, dass dieser Pass etwas besonderes ist - während man auf anderen Pässen immer noch von höheren Bergen umgeben ist, wähnt man sich hier mit ihnen auf Augenhöhe. Auf einen langen Anstieg folgt eine lange Abfahrt, zunächst nach Bonneval-sur-Arc und dann dem Arc-Tal entlang bis nach Lanslebourg.
Wer am Ende der vergleichsweise kurzen Etappe noch überschüssige Energie hat, kann noch auf den Col du Mont Cenis fahren und nochmal nach Italien hinunter winken.