18.06.2020,
robert89:
Zwei Tage Erzgebirge und schon so viel erlebt. Besonders Feuchtigkeit in fast allen Formen konnten wir genaustens studieren. Auch auf der ersten Etappe von Dresden in die höchstgelegene Stadt Deutschlands nach Oberwiesenthal, die uns mit hochsommerlichen Temperaturen und reichlich Sonne verwöhnte. Eigentlich als Überführungsetappe angelegt und ohne echte Höhepunkte, wusste die Route aus Dresden heraus, durch den Tharandter Wald und über die Hügellandschaft des Erzgebirgsvorland selbst in der ersten eher unspektakulären Hälfte zu gefallen. Ja sogar Begeisterung über die Radwege Dresdens, wo wir Einheimische doch immer gern über genau diese schimpfen!? Also sind wir doch mal zufrieden, mit dem was wir haben! Auch mit dem Pegelstand der Elbe, die uns entlang der ersten Kilometer aus Dresden heraus begleitete. Seit einer gefühlten Ewigkeit wieder normaler Wasserstand und Schiffsverkehr. Ja, es regnete reichlich in den letzten Wochen. Für die Natur ist der Regen eine Wohltat. Wir als Rennradler hoffen natürlich immer auf möglichst wenig Nass – ganz besonders auf unseren quäldich-Reisen... Die einzige Feuchtigkeit, die uns auf der ersten Etappe zu schaffen machte, war unser eigener Schweiß. Der floss bei den schwülwarmen Bedingungen so sehr, dass die erste Pinkelpause lange auf sich warten ließ – erst nach vielen Kilometern und mit Panoramaaussicht auf den Fichtelberg, also das Tagesziel schon in Sichtweite, ließen wir es laufen ohne das sich die Laufräder drehten. Gut 60 km waren es aber noch und die Laufräder bald wieder in Schwung - für fünf Kilometer. Auch in Corona Zeiten tischte Alex im Flöhatal bei Kilometer 80 ein appetitliches Buffet auf und servierte uns hochhygienisch mit Einmalhandschuhen und Mundschutz alle Leckereien persönlich. Nur das Desinfektionsgel sollte nicht mit einem Spezialsportgetränk verwechselt werden.
Durch das Tal der Schwarzen Pockau konnten wir im Anschluss gut verdauen und feststellen, dass sich der Himmel doch stark verdunkelte und Respekt einflößte. Doch es blieb trocken, so wie wir es für Etappe 1 eben versprochen hatten.
Nach gut 130 km waren wir in O‘thal am Fuße des Fichtelbergs. Während die ausdauernde Gruppe schon im Hotel duschte, ob warm oder kalt ist nicht bekannt, posierte Gruppe „Entspannt“ an einem erzgebirgischen Schwibbogen für ein paar Fotos.
Der Fichtelberg - zum greifen nah - entwickelte bei einigen Gästen so eine starke Anziehung, das sich doch tatsächlich drei wagemutige Pedaleure aufmachten und mit Guide Martin auf den höchsten Gipfel des sächsischen Erzgebirges bzw. der ehemaligen DDR strampelten. Eine Plusplusoption sozusagen. Die entspannte Gruppe also am Ende des Tages mit dem „härtesten“ Tagesprogramm oder vielleicht einfach nur entdeckungsfreudig unterwegs und in weißer Voraussicht den Fichtelberg bei Trockenheit und mit Aussicht erlebt zu haben!?
Wer weiß - alle kamen auf ihre Kosten. Die Sonne des ersten Tages erzeugte nicht nur bei Martin einen ordentlichen Sonnenbrand am Abend, der mit reichlich kalten Wasser gut gekühlt musste (Achtung, das ist die Überleitung zur Etappe 2).
Die Klassiker des Erzgebirges standen heute auf dem Programm und realistisch genug haben wir bei der vorabendlichen Etappenbesprechung mit offenen Karten gespielt. „Es wird auf unser zweiten Etappe durch das (H)Erzgebirge definitiv nass, sehr nass“. Die Frage ist nicht wo, sondern ab wann. Die Antwort gab es zum Frühstück. Pünktlich 7 Uhr öffnete der Himmel seine Schleusen und unsere 120 km lange Tagesetappenprofil durch das Westerzgebirge fiel nicht nur sprichwörtlich ins Wasser. Doch der abgespeckte Plan JK (Jachymov-Keilberg) greift und alle ziehen mit! Über Jachymov sausten wir in den Egergraben, die Schuhe saugten ordentlich Spritzwasser und die Straße entwickelte sich zu einem kleinen Bach.
Nass von unten, nass von oben. Herrlich komisch, wenn man sich den Naturgewalten so ergeben muss. Getoppt nur durch einen Plattfuß, der in dieser misslichen Lage in der nasskalten Abfahrt noch dazu kam. Timo staunte aber nicht schlecht, was die quäldich-Guide-Pumpe leisten kann. Ganze 8,5 bar in Windeseile. Weiter ging‘s bergab bis in den Egergraben, für gut zwei Kilometer auf die autobahnähnliche Europastraße und dann ebenso konstraststark in den einsamen Keilberganstieg. Schmale Straße, kein Verkehr. Ein 1000 Höhenmeter Anstieg und das bei uns im Mittelgebirge. Definitiv ausreichend, um wieder warm zu werden, nur nicht mehr trocken.
Die Belohnung auf dem nebligen Keilberg war die Einkehr im Gipfelrestaurant mit Palatschinken, Kartoffelsuppe, Knödel und Gulasch. Als sportliches Dessert noch der kurze Abstecher zum Fichtelberg - zumindest für einige und auch unseren ältesten und tapferen Mann in der Gruppe. Am Ende der Etappe hatte jeder 50 bis 60 Tageskilometer und um die 1300 Höhenmetern in den Beinen. Bei allen Zufriedenheit, das beste aus dem verregneten Tag gemacht zu haben.