14.09.2020,
Jan:
Auch die schönste quälship-Reise muss einmal zu Ende gehen. Auch heute war es wieder so weit, ein letztes Mal trafen wir uns um 9 Uhr vor der Hotelgarage, heiß auf die Etappe und alle zur Abfahrt bereit. Alle? Nein, nicht alle, denn der Chef hatte noch die SD-Karte seiner Kamera auf dem Zimmer vergessen. Also schnell nochmal hoch, und dann aber los auf die letzte Etappe in die Cinque Terre.
Schon in Sestri, noch vor Erreichen des Val Petronio, macht Michael uns auf eine Beule an Danys Vorderrad aufmerksam. Schnell den Reifen aus dem Guiderucksack genommen und gewechselt. Wo sind meine Heber? Wohl noch im Zimmer. Auf Danys Meilenstein lassen sich auch ohne Heber neue Reifen montieren, also geht's weiter, den Rolleranstieg hoch über Casarza Ligure zum Velva-Tunnel. Ich sage noch zu Dragan, der mir mit seinen Hebern aushelfen wollte. "Mein Multitool habe ich auch nicht dabei, das heißt, heute brauche ich es noch!"
Am Velva-Tunnel wartet Fred vorbildlich auf seinen letzten Mann, der mit dem Rest seiner ausdauernden Gruppe noch vor uns liegt. Er kann also auch Marco einweisen, und ich fahre weiter zum nächsten Abzweig, der etwas tückischer ist. Freds Anruf verstreicht ungehört, der baldige Rückruf lässt mich dann aber umkehren: "Bei Marco ist eine Speiche gebrochen".
"Gib mir mal bitte dein Multitool", sage ich zu Fred, der glücklicherweise vor Ort ist (Danke!). Mit dem dazugehörigen Speichenschlüssel lässt sich die Speiche rausdrehen und das Hinterrad notdürftig zentrieren. Das muss heute noch gehen! Die Rückkehr zum Hotel zum Ersatzlaufrad ist zu weit.
Das Hinterrad bremst Marco in der Abfahrt etwas ein, aber im Laufe der Etappe sticht er wieder vorne mit. Das Laufrad hält! Und wir fahren auf schlechter Straße hinunter ins Varatal nach Borghetto di Vara, wo wir unserem Halbgott des Radsports einen Caffè gönnen. Kurz darauf ist Gruppe 2 da, und wir vertrödeln weitere Zeit im lustigen Gespräch. Es heißt ja schon bald wieder Abschied nehmen, und noch ist längst nicht alles gesagt!
Über eine kleine Welle geht's nach Pignone zum Dorfbrunnen. Das Steilstück war schon, Michael. Zu spät! Wieder vertrödeln wir Zeit im historischen Ambiente. Marco macht Mittagsschlaf im trauten Plätschern des Brunnens.
Nun erklimmen wir, etwas notwendig übel, den Passo del Termine von hinten, und dann sind sie endlich erreicht, die sagenumwobenen Cinque Terre. Das schönste daran ist die Hochstraße zwischen dem Termine und Foce, bis hinunter zur Panoramakehre über Vernazza, das malerisch unter uns liegt. Aber natürlich wollen alle hinunter und den pittoresken Hafen aus der Nähe ansehen. Also Maske auf und hinein ins Getümmel. Ich kaufe Pizza und Focaccia in der Panificio, dann noch eine ganze Crostata in der Pasticceria, wir nehmen unseren Schmaus am Hafen zu uns und erfreuen uns an der Szenerie.
Plätscher, plätscher, so geht die Zeit dahin, und plötzlich ist es 3 Uhr und wir haben noch 60 km vor uns! Dennoch lassen wir uns nicht stressen. Hoch nach Foce (hier Begegnung mit einem vollbeladenen Gepäckfahrer aus der Schweiz, der von Martigny nach Rom fährt. Respekt!)
Herrlich zurück zum Termine, rasant hinunter nach Levanto, und dann in die Glutauffahrt zum Pantani-Brunnen. Dort Vereinigung mit Gruppe 3, die wir ab hier nicht mehr richtig abgeschüttelt bekommen.
Triumphale Einfahrt nach Chiavari. Schmutzbier!
Und ein fantastisches Abschlussessen auf der Seeterrasse des Ca' dal Gurpe. Danke, Robertone!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute wollen wir es wissen und kratzen zum Abschluss einer wunderbaren Woche an den 3000 Höhenmetern. Bei einem Besuch in Ligurien darf ein Abstecher in die Cinque Terre nicht fehlen. Über den Mola erreichen wir das Varatal, dem wir bis Borghetto di Vara flussabwärts folgen. Über eine schmale Nebenstraße gelangen wir auf die Termine-Passstraße. Oben angekommen fahren wir auf einer Höhenstraße mit herrlichen Tiefblicken an Monterosso vorbei und dann hinunter nach Vernazza, einem der äußerst sehenswerten Orte der Cinque Terre. Der Kontrast zwischen der absoluten Stille im Hinterland und dem touristischen Trubel im Ort könnte größer kaum sein.
Wem die Gesamtkilometerleistung zu groß ist, kann bis Levanto mit dem Zug fahren und spart somit 55 Kilometer / 800 Höhenmeter.