05.07.2020,
Jan:
Die Alpen! Die Alpen sind einfach die Alpen. Pünktlich auf die Minute starten wir heute morgen von unserem Hotel Chur in Chur. Falls jemand jemals in Chur Quartier aufschlagen möchte: die Familie Schmid im Hotel Chur hat sich wirklich rührend um uns gekümmert. Sehr empfehlenswert.
Ich rufe den Track auf, aber als ich ihn ein wenig später starten möchte, ist er weg. Macht nichts, sagt Harry, das finden wir auch so. Zumal zumindest Dirk und er den Track haben. Links, rechts, und schon sind wir im Anstieg zum Lenzerheidepass. Einrollmeter: 40. Sofort läuft der Schweiß, das Thermometer zeigt schon 22 Grad an.
Nadine und ich haben uns schon zwei Tage akklimatisiert, aber der Kaltstart ist dennoch heftig: 975 Höhenmeter bis zum Lenzerheidepass. Torsten, der Reiseleiter der rätischen Alpen relaxed, die gestern in Chur zu Ende gegangen ist, fand den Anstieg richtig ätzend, aber ich bin ganz zufrieden mit dem gebotenen Alpenpanorama über dem Rheintal. Der Verkehr ist nicht inexistent, aber auch deutlich weniger schlimm als befürchtet.
Im Anstieg steht Roland auf der linken Straßenseite. Speichenbruch. Martin telefoniert schon unseren Begleitfahrer Thomas an, und wir klären schnell, dass Thomas nach Lenzerheide kommt, damit Roland ein Ersatzrad bekommt. Damit fällt die Mittagspause vermutlich flach, denn Thomas hat keine Chance, rechtzeitig alles vorzubereiten, schon gar nicht coronakonform.
Wir fixieren die gebrochene Speiche mit einem Kabelbinder und entscheiden, dass Roland damit noch hoch fahren kann, aber nicht mehr runter. Thomas wartet also in Lenzerheide auf ihn.
Der Hochpunkt ist deutlich vorher erreicht, und vorbildlich wird dort gewartet, obwohl wir ein Passschild vermissen (danke!). Wir rollen nach Lenzerheide runter, sortieren Gruppe 2b zu Thomas und dem bereitstehenden Ersatzrad, fahren weiter zu Nadine, um noch etwas Gruppenshuffling zu betreiben, und rollen hinunter nach Tiefencastel. Schön hier! Und so schönes Wetter. Links geht's Richtung Davos/Albulapass und dann hinein in diesen schönsten Pass der Schweiz. Sagen manche. Kurz vor dem Steilstich vor Bergün überholt uns auch Thomas, und so erhöht sich die Chance, doch noch eine Mittagspause zu bekommen. Gruppe 1 ist da vermutlich schon kurz vor der Passhöhe.
Die Steilstelle kurz vor Bergün ist waghalsig in den Fels geschlagen. Kennt man ja! Bergün liegt traumhaft schön im Hochtal. Kopfsteinpflasterstich im Ort.
Und Thomas steht wie geplant am Skilift. Aus Zeitmangel belegt er die Brote in Echtzeit nach Aufforderung. Das klappt super und ist genauso hygienisch wie die Beutelvorbereitung. Buffett dürften wir zwar auch in der Schweiz, machen wir aber lieber nicht.
Apropos Corona: davon kriegt man in der Schweiz nicht viel mit. Der Alltag ist fast normal, man hält Abstand, gibt sich nicht die Hand, aber niemand trägt Masken, und am Frühstücksbuffet kann man sich selbst bedienen. Mit Abstand und desinfizierten Händen.
Und dann folgt der schönste Teil vom Albula, wie Peter ankündigt. Die Viadukte der Rhätischen Bahn (Rätische Alpen ohne h, Rhätische Bahn als Eigenname mit h), monumentale Felskomplexe, der moosgrüne Palpuagnasee. Traumhaft!
Und oben wartet die Verpflegung des Engadiner Radmarathons auf uns. Fabian Schorta, der Organisator des Engadiner Radmarathons, begrüßt uns persönlich, Arthur Schlatter massiert mich, Anna und Jana. Am Mittwoch sind wir in Scuol, mal sehen ob wir einen Slot bei ihm kriegen. Richtig gut!
Bis hier lief alles richtig gut. Und dann explodiert Ernsts Hinterrad im Stand, so
wie schon Mortens in der Pfalz. Natürlich ist es wieder das Felgenband, dass ich ihm schnell austausche. Ich habe aber nur ein 18mm-Felgenband und ein 16er. Also das 18er nach vorne, das ist sicherheitsrelevanter. Das 16er nach hinten. Das Hinterrad müssen wir dreimal montieren, weil der Reifen nicht ins Felgenhorn springt. Dann wagen wir uns in die Abfahrt. Und Ernsts Hinterrad explodiert. Merke: kein 16er Felgenband in ein 18er-Felgenbett, und wenn dann nur zur Not und mit viel Spannung, denn der Druck im Schlauch verschiebt das Felgenband. Glück gehabt, nichts passiert. Wieder springt der Reifen nicht ins Felgenhorn, wieder schicken wir den Rest der Gruppe vor, jetzt sind Ernst und ich alleine.
Und zuckeln schließlich mit Höhenschlag gen Tal. Dort ist der Reifen aber endlich ins Horn gesprungen, und 12 flache Km später sind wir in Pontresina. Schmutzbier mit Blick auf den Morteratsch-Gletscher. High Ellbows!
Und danke an Oli, meinen Inkompetenz-Kompensator, der noch Ernsts Felgenband austauscht.
Ein toller Tag liegt hinter uns. Am Ende hat alles geklappt. Alle glücklich und früh im Ziel, alle entspannt!
Und morgen wartet der Mortirolo!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Von unserem Startort Chur aus wenden wir uns direkt nach Süden, wo sich die Bündner Alpen vor uns aufbauen. Der Lenzerheidepass ist mittelschwer und so der ideale Auftakt. Viele werden ihn jedoch nur als Aufgalopp für den sich anschließenden Albulapass sehen, der - zurecht - als einer der schönsten der Alpen gilt. Vom Ausgangspunkt Tiefencastel geht es zunächst am steil abfallenden Berghang entlang, dann jedoch in die einsame, hochalpine Landschaft der Albula-Alpen, begleitet von der beeindruckenden Rhätischen Bahn. Die Abfahrt ins Engadin ist nur kurz, und es sind nur noch wenige, leicht ansteigende Kilometer zu bewältigen, bis wir unser Etappenziel in Pontresina erreichen.