14.09.2020,
majortom:
Was für ein grandioses Finale einer spektakulären Pässe-Woche in den Pyrenäen. In den letzten Tagen gab es leider keine Berichte, da ich vom Rennradsattel an den Mittagspausen-Grill gewechselt war. Am Donnerstag noch, um die Gelegenheit zu haben, trotz der Ausrufung der Region Occitanie in Südfrankeich als Risikogebiet unsere Heimfahrt im Bus und möglicherweise direkt nach der Ankunft den obligatorischen Corona-Test zu organisieren. Doch dann habe ich so viel Gefallen daran gefunden, an Sylvias kompetenter Seite unsere Radfahrer zu versorgen, so dass ich aus meinem Formrückstand und mangelnder Konkurrenzfähigkeit für einige Tage desertieren konnte. Dank unserer unglaublich homogenen Gruppe und der fantastischen Guides Mark und Rupert hat es auch mit zwei Untergruppen bestens geklappt. Wer nachlesen möchte, was in den Tagen passiert ist, kann das auf
Ruperts Blog tun, der sowieso eine Pflichtlektüre für alle quäldich-Fans sein sollte, da Rupert sehr unterhaltsam und reich bebildert von seinen Erlebnissen berichtet.
Nun steige ich also für die Schlussetappe von Aucun zurück nach Tarbes wieder aufs Rad und werde dafür mit besten Wetterbedingungen belohnt. Keine Wolke am Himmel, die Pyrenäengipfel strahlen in der Morgensonne. Ich freue mich sehr auf den Cirque de Litor zwischen dem Col de Soulor und dem Col d'Aubisque, den ich zwar schon von 2015 kenne, den ich aber in allerbester Erinnerung behalten habe. Und so habe ich mich gestern bei der Etappenbesprechung auch weit aus dem Fenster geleht, und diesen Abstecher auch noch all denen aufs vehementeste ans Herz gelegt, die schon früher aufbrechen wollen. Insbesondere unsere Schweizer Mitfahrer stehen etwas unter Zeitdruck, da sie noch bis Mitternacht Frankreich verlassen müssen, um eine anschließende Quarantäne zu vermeiden. Umso bemerkenswerter, dass die komplette Gruppe die Reise in bester Stimmung beendet hat - danke für dieses Vertrauen!
Nach kurzer Einrollphase sind es sieben Kilometer bergauf bis zum Col de Soulor. Natürlich finde ich mich sofort im Grupetto wieder, aber es rollt gut an diesem Morgen und macht einfach Spaß. Es geht schnell, und wir stehen alle am Soulor, natürlich wieder zwischen Eseln, Kühen und Wohnmobiltouristen. Hier könnten wir auch einfach rechts abfahren, aus den Pyrenäen raus und dem Ziel entgegen, aber inzwischen haben alle Blut geleckt, denn die an den Hang geklatschte Straße durch den Cirque de Litor liegt vor uns, und nun will es sich auch niemand mehr nehmen lassen, auch das Tour-Monument Aubisque noch zu bezwingen. Die Fotostops sind zahlreich, die Gruppe zersplittert, macht aber nichts. Die Ausblicke sind fantastisch, die wilde Gebirgsszenerie setzt nochmal ein i-Tüpfelchen auf unsere schöne Woche. Und dann sitzen wir auch schon auf der Terrasse am Aubisque, wundern uns etwas über die intransparente Preisgestaltung für Cola, und genießen unser Rennradfahrer-Leben. Schade, dass die Woche nun bald schon vorbei ist.
Nach einem letzten Gruppenbild an den bekannten Fahrrädern geht es dann zurück durch den Cirque de Litor zum Soulor, und nun machen wir uns an die lange Abfahrt ins Pyrenäenvorland. Der Straßenzustand ist zwar nicht optimal, aber deutlich besser als vor fünf Jahren. Am Ende der Abfahrt rollen nochmal alle zusammen, dann teilen wir uns für die 40 Schlusskilometer in unsere drei Gruppen auf. Der Abstand meiner entspannten Gruppe zur ausdauernden Gruppe von Mark bleibt in etwa gleich, bis ich dann in der letzten Bergwertung nach Habarou den Anschluss verliere - die Temperaturen liegen inzwischen bei spätsommerlichen 30 Grad, und die Hitze macht uns allen zu schaffen. So dass wir der Versuchung eines kalten Cola im nächsten Ort nicht widerstehen können und so den ausdauernden den entscheidenden Vorsprung verschaffen. Letzte Welle, letzte Flachkilometer, letztes Aufbäumen gegen den Westwind. Dann stehen wir wieder am Hotel, wo der Zapfhahn von unseren großarigen Gastgebern Magali und Christian schon glüht und der Grill auch schon vorgeheizt wurde.
Und somit gehen die Pyrenäen-Klassiker 2020 zuende. Wie alle unsere Reisen (falls sie überhaupt stattfinden konnten) in diesem Jahr unter sehr schwierigen Vorzeichen; auf die Etappen auf der katalanischen Südseite mussten wir leider verzichten, konnten sie jedoch - so die einhellige Meinung - mit dem Abstecher über den Col de Portel nach Foix hervorragend kompensieren. Trotz der am Mittwoch Abend erfolgten Reisewarnung ist die Stimmung nicht gekippt - eine Stimmung, die sowieso von Tag eins an hervorragend war, und es mir und dem Team immer leicht gemacht hat. Eine wunderschöne Radwoche ist vorbei - vielen herzlichen Dank an alle Beteiligten!