09.09.2020,
majortom:
Bei quäldich gibt es keine Ruhetage. Es gibt nur Etappenorte, an denen wir zwei Nächte bleiben. Gefahren wird immer. Oft sind sogar die vorgeblichen Ruhetagsetappen die härtesten Tage, und das Beine hoch legen keine Option, weil unsere Streckenplanerinnen und Streckenplaner auch noch ein besonderes Highlight einbauen, das zu verpassen eine Sünde wäre. So auch die ursprüngliche Planung der Pyrenäen-Klassiker, bei der wir gestern aus Spanien über Andorra nach Ax-les-Thermes gekommen wären und heute eine Rundtour mit dem Col de Pailhères gemacht hätten. Aufmerksame und mittelaufmerksame Leser unseres Blogs werden es jedoch schon mitbekommen haben: die Planung ist dieses Jahr etwas verändert. Gestern sind wir über den Pailhères gekommen - was sensationell schön war bei strahlendem Sonnenschein - und heute wäre es nach Andorra gegangen. Wäre. Denn leider hat der Regen heute etwas unsere Moral zersetzt.
Schon gestern haben wir voraussehend eine mögliche Alternativtour über Col de Chioula und Col de Pradel geplant, bei der wir nicht ganz so hoch rauf müssen. Jede weitere Entscheidung wurde auf 10 Uhr vertagt, da das Regenradar gestern Abend noch ein regenfreies Fenster zwischen 10 und 14 Uhr voraus gesagt hat. Noch während des Frühstücks prasselt der Regel jedoch auf den Wintergarten an der Ariège herab, und wir vertagen uns erstmal auf 11 Uhr. Da regnet es allerdings auch noch, also reservieren wir erstmal einen Tisch in der nahe gelegenen Pizzeria zum Mittagessen und wollen uns um 14 Uhr wieder treffen. Als wir kurz nach eins - nach Andouillette und Burgerpizza - vom Mittagessen kommen, sieht es tatsächlich ganz gut aus. Doch dann geht ein erneuter schauer runter, während wir uns umziehen. Whatsapp von Rupert: "Hast du mal aus dem Fenster geschaut?" Whatsapp zurück: "So ein Kack. Vielleicht hört es ja noch rechtzeitig auf."
Eine Rumpfgruppe findet sich im überdachten Bereich vor dem Hotel ein, und gemeinsam sehen wir hinaus in der ariègischen Schnürlregen. Doch um viertel nach zwei fällt der letzte Regentropfen, und immerhin fünf Unerschrockene machen sich auf den Weg auf eine nochmal verkürzte Alternativrunde, über die Höhenstraße zu Col de Marmare, und über den Chioula zurück. Was sich als ein hervorragender Plan herausstellt, denn es bleibt trocken, auch die Wolkendecke lichtet sich etwas, und wir können hübsche Ausblicke hinunter ins Tal erhaschen. Die aus allen drei Gruppen zusammengesetzte Hybridformation passt sich dankenswerterweise meinem luschigen Tempo an, und ich lausche gebannt dem Gespräch über Leistungsmesser und die kurze Lebensdauer derer Batterien. Irgendwann wird es Rupert wohl zu langweilig, und er zieht das Tempo etwas an, doch Jürgen, Martin und Norbert haben sich wohl schon so sehr an das Bummeltempo gewöhnt, dass sie mich bis zur Passhöhe des Marmare eskortieren. Alles richtig gemacht, beglückwünschen wir uns und fahren noch die zwei flachen Kilometer zum Chioula, um locker nach Ax zurückzurollen.
Leider setzt dann doch noch in der Abfahrt der Regen ein, und zu allem Überfluss haben wir dann auch noch einen Platten in der Gruppe zu beklagen. Der natürlich in Windeseile und kompetent behoben wird, und dann rauschen wir weiter ins Tal, in der Gewissheit, definitiv das beste aus diesem Tag gemacht zu haben. Denn Ruhetage gibt es nicht bei quäldich!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute bleiben wir in Ax-les-Thermes, so dass wir einmal keinen Koffer packen müssen. Diese vierte Etappe würde sich damit als Ruhetag anbieten. Kann man auch machen. Aber wann hat man schonmal die Möglichkeit, auf dem 2407 m hohen Port d'Envalira zu stehen, dem höchsten Straßenpass der Pyrenäen? Und dabei noch einen Abstecher nach Andorra zu machen?