18.08.2020,
oldmanriding:
So schnell liegen Leid und Freud beieinander. Lutz trat heute morgen seine Heimreise an: der Magen wollte nicht so Recht mitspielen. Dafür wechselte Wolfgang in Gruppe 3, ein Tempomacher und versierter Bergabfahrer. Und ein verloren gegangener Koffer fand seinen Eigentümer wieder. Die Aufregung der vergangenen Stunden war verflogen. Pünktlich um neun Uhr startete die Gruppe 3. Zunächst ging es darum, aus Gaillard / Annemasse nahe Genf herauszufinden. Aus gut informierten Kreisen von quaeldich.de heißt es, die außerplanmäßige Fahrt auf der kleinen Landstraße diente vor allem dazu, die Beine in Schwung zu bringen, bevor der erste große Anstieg anstand. Die Straße zum Mont Selève mäanderte den Hang entlang - so konnten wir den Berufsverkehr hinter uns lassen. Zugleich wärmte bereits die Morgensonne den Asphalt: es wurde anstrengend. Ein Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte. Während der Suche nach Schatten wurden wir entschädigt durch den phänomenalen Blick auf den Genfer See. Zwischenzeitlich wurden wir von Gruppe 1 überholt oder besser gesagt deklassiert: nahezu graziengleich und parlierend zogen die Fahrer an uns vorbei, als gäbe es keine Schwerkraft. Die meisten aus Gruppe 3 versuchten unbekümmert ihren Rhythmus zu finden, andere suchten das Gespräch, um sich abzulenken vom Inneren Schweinehund, der im Hinterstübchen rumflüsterte: "Fahr langsamer, warum machst Du das, wieso bist du jetzt nicht im Swimmingpool."
Oben angekommen, suchten wir den Montblanc. Leider versperrten einige Wolken die Sicht auf den Berg. Nichtsdestotrotz: das Wetter war hervorragend. Einige zogen sich bereits die Windweste an, um sich für die Abfahrt zu rüsten. Diese gestaltete sich durchaus als anspruchsvoll, weil die frisch geteerte Straße doch noch mancherorts mit Split übersehen war. Man wusste nie, was in der nächsten Kurve lauerte. Die Fahrt zum Lac d'Annecy war verkehrsreich. In der Stadt selbst hatten die Autofahrer das Zepter in der Hand. Deshalb machten wir einige Kilometer außerhalb der Stadt Mittagspause, wo Sylvia schon alles für uns vorbereitet hatte. Gestärkt und gerüstet, quälten wir uns anschließend den Col de la Forclaz hinauf. Das Thermometer zeigte deutlich über 30 Grad.
Die Abfahrt war wie ein Rausch: steile Straßen, Schussfahrten, die Hände immer an den Bremshebeln. Und auch das: zur Vorsicht neigende Autofahrer, die auf der Bremse stehen und sich überschätzende Motorradfahrer. Einer küsste den Asphalt, wie aus Gruppe 2 berichtet wurde.
Fazit: eine deutlich kürzere Etappe, wenig schmerzende Hintern, dafür mehr Höhenmeter. Die Entschädigung: das eisgekühlte Bier in Albertville.
Ursprüngliche Etappenberichte
Die Etappe führt uns über drei Pässe in die Olympiastadt Albertville. Auf einer tour des deux lacs, einer Zwei-Seen-Runde, können wir uns Panoramen vom feinsten erklettern - und bekommen gleichzeitig schonmal einen Eindruck davon, was uns die nächsten Tage erwartet. In Annemasse befinden wir uns auch gleich schon am Fuß unseres ersten Anstiegs, des Genfer Hausbergs Mont Salève. Diesen Berg überqueren wir auf einer Kammstraße in Nord-Süd-Richtung und können nacheinander die Ausblicke auf Genf und den See, in die Hochalpen bis zum Montblanc und schließlich zum Lac d'Annecy genießen. Annecy ist das nächste Zwischenziel, das „Venedig der Alpen“, wo es aufgrund des Stadtverkehrs wohl heißt, einen Gang zurück zu schalten und stattdessen lieber die herrliche Seepromenade zu genießen. Der Col de la Forclaz führt uns dann hoch über den See hinaus bis fast auf den Gipfel der Tournette, grandioses Panorama erneut inklusive. Den Abschluss des heutigen Pässetrios bildet dann der Collet de Tamié, der dank sehr moderater Steigungsprozente auch mit müden Beinen noch erradelt werden kann. Von der Passhöhe führt uns eine rasante Abfahrt auf einsamer Straße direkt in den Etappenort Alberville, wo wir im Hotel abends noch eine entspannte Runde durch den Pool ziehen können.