Wie ich heute morgen hörte, tanzten einige wenig ausgelastete Gesellen gestern Abend noch mit der Braut der ebenfalls im Hotel anwesenden Hochzeitsgesellschaft. Seltsam, dass ich dann heute morgen ebenfalls hörte, wie sich Braut und Bräutigam gar fürchterlich stritten. Also von uns war keiner schuld - das müssen sie nun für den Rest des Lebens unter sich ausmachen...
Für irgendwelche Szenen haben wir eh keine Zeit, denn die letzte Etappe ruft. Zu Genesungszwecken werde ich den Tag heute mit Gruppe 3 verbringen und derweil viel erfahren von Uni-Aufnahmeprüfungen und von Köchen, die doch eigentlich TV-Mechaniker werden wollten. Es ist jedenfalls sehr unterhaltsam im Trupp. Auch die Einser, die sich mühevoll vorbeiquetschen im ersten Stieg, halten unseren Redeflow kaum auf.
Doch irgendwann wird es ernst: Wir legen Reinhard in den Mund, dass es nun so langsam Zeit wäre für die tägliche 11-Uhr-Attacke. Und siehe da: Zwar stapelt er tief ("oooch heut nicht"), doch bemerke ich, wie er sich die Schuhe noch mal fester zieht und um 10:58 schon mal den richtigen Gang eingelegt. Wir haben ihn jedenfalls optimal bis an den Fuss des Bergsprints gefahren; sicher wie in Muttis Schoß haben wir 6 Domestiken ihn hierher eskortiert. Gerade will ich ihn endgültig herausfordern - es ist mittlerweile 10:59 - , da steht am Wegesrand ein verirrter Spanier, der zur Venta del Fraile will. Tja, zu weit den Berg hinauf gefahren, mein Lieber. - Meine Hilfestellung am Wegesrand lässt mich dann leider auch Reinhards finalen Bergsprint verpassen. Gerüchten zufolge drehte sogar das Hinterrad, es ward Gummi auf dem Asphalt gesehenund es roch verbrannt.
Da Reinhard aber so wie ich Strava ignoriert, geht die 11-Uhr-Attacke nicht in die dortigen Annalen ein. Wohl aber geht in die unseren ein, dass Gruppe 2 erst nach uns den ersten Gipfel des Tages erreicht.
Und dieses Katz- und Maus-Spielchen treiben wir hübsch weiter bis zum Pausenpunkt bei Ricardo. Auch danach lassen wir uns nicht lumpen und überrumpeln in der Anfahrt zur Hühnerbar (auf Huhn verzichten wir aber heute) in Zafarraya unsere Schwestergruppe erneut - erster am Tisch. Königlich!
Majestätisch geht es nun hinab auf die 12km Zielabfahrt. Ich nehme mir noch ein paar Fotominuten und donnere dann dem Trupp hinterher. Just 300m vor dem Sammelpunkt bin ich wieder hintendran. Ein toller 12minütiger Moment! - Jetzt noch schnell zum Hotel am Stausee, Schmutzbier auf der Terrasse und ...BEINE HOCH! - denn das haben wir uns verdient - die Sierra-Nevada-Umrundung ist (fast) Geschichte.
Morgen ist zwar noch böses Ausrollen angepinnt, aber schauen wir mal, wessen Beine dazu noch sagen "Ja, ich will". Ich will jedenfalls gerade nur liegen und tue das auch in diesem Moment. Lediglich das Bett werde ich gleich noch wechseln: Heute warten noch die "Hände Gottes" in Gestalt von Eules Masseurswerkzeugen auf mich. Ob ich es danach noch zum Abendessen schaffe??
Originaltext:
Heute endet die eigentliche Rundfahrt. Den Stieg bis Pádul merken wir kaum. Gemeinerweise geht es weiter durch Oliven, Mandeln, Wald und Weideland hinauf bis zum "Doppelpass" am Cruze de Jayena.
Oben zweigen wir nach Westen ab. Es wartet eine noch einmal völlig andere Landschaft, geprägt von Oliven und den Blicken auf die kahlen Gipfel der Sierra Tejeda und ihrer Schwestern am Horizont.
Vorbei am türkis lockenden Bermejales-Stausee steuern wir Alhama de Granada an, einen jener Orte, die in der Reconquista arg umkämpft waren. Durch moderates Terrain geht es bis Ventas de Zafarraya - bald darauf startet die Schussfahrt ins Ziel in Viñuela direkt am gleichnamigen Stausee.
Geschafft, Beine hoch oder ins Wasser, Chillomat an der Hotelbar, Wohlsein beim Betrachten des Sonnenuntergangs hinter den umgebenden Bergen sind angesagt!