17.07.2019,
majortom:
Die heutige vierte Etappe führt von Bormio nach Scuol, also wieder zurück in die Schweiz (Pro: bessere Straßen. Contra: höhere Bierpreise). Glücklicherweise hat Marco gestern auch noch das Problem gelöst, dass ich nicht so recht wusste, wie man den Etappenort richtig ausspricht (Skuhl? Sku-oll? Sku-ohl? Skål?). Es gibt nämlich auch einen sagenhaften deutschen Namen für Scuol: Schuls. Also führt die heutige Etappe von Worms nach Schuls. Über das Stilfserjoch.
Da die Etappe auch einen signifikanten Teil Horizontalbewegung enthält (nämlich am Schluss das Engadin hinunter von Zernez nach Schuls), haftete ihr so ein wenig das Stima einer Übergangesetappe an. Irgendwie müssen wir halt auf die andere Seite des Stelvio kommen, um vom Prad die 48 Kehren fahren zu können. Doch der heutige Tag belehrte uns eines besseren. Keine Übergangsetappe, sondern eine Traumetappe, die sich nahtlos in die Serie von Traumetappen dieser Reise einfügt.
Die Auffahrt von Bormio auf das Stilfserjoch ist irgendwie so ein wenig das hässliche Entlein unter den Passauffahrten. Ganz nett, aber eben nicht
die Passauffahrt schlechthin, der feuchte Traum aller Rennradfahrer, den die Prad-Auffahrt darstellt. Hier und heute also ein Plädoyer für die Südwestrampe von Bormio. Erst geht es das wildromantische Tal hinauf, dann kommt ein sagenhafter Serpentinenhang, und schließlich schwebt man durch ein malerisches Hochtal, der Passhöhe entgegen. Von der einen dann natürlich noch der steile Schlusshang trennt, aber unsere Regelplanung führt ja gar nicht auf das Stilfserjoch, sondern über den Umbrailpass ins Münstertal. Noch so ein hässliches Entlein übrigens. Doch natürlich lässt es sich der größte Teil aller drei Gruppen nicht nehmen, eben mal noch die letzten 250 Höhenmeter zum Joch raufzuwuppen. Verständlich. Ich dagegen beschließe, Kräfte zu sparen, wo ich kann, und biege gleich zum Umbrail ab. Wo ich dann schön in der Sonne sitze und als einzig verfügbare Person der Passschild-Fotograf für alle eintreffenden Radfahrer bin. Aber man hilft ja, wo man kann.
Doch ruckzuck ist meine Gruppe wieder bei mir (bis auf Günther*, der beschließt, nochmal ca. 150 Höhenmeter Richtung Bormio abzufahren). Und wir genießen die absolut traumhafte Abfahrt auf Schweizer Asphalt hinunter ins Münstertal. Ein wunderschöner Pass, und ich beschließe, eine künftige Reise zu planen, die diese Auffahrt bergauf nimmt. Nach einer Geländestufe (einer steilen Geländestufe) wartet dann Sylvia mit dem erneut opulenten Mittagsbuffet auf uns.
400 Höhenmeter bis zum schönen, aber nicht ganz so spektakulären Ofenpass, und eine unterbrochene Abfahrt nach Zernez. Wo der Vorschlag zu einer Kaffeepause einstimmig angenommen wird. Als der Sylviacruiser dann an uns vorbei fährt, wissen wir, dass das Gepäck wieder vor uns ist, und machen uns auf die finalen 25 Kilometer. Eigentlich wollte ich ja nach etwa fünf Kilometern aus dem Wind gehen, aber es flowt so schön das Engadin hinab, dass ich es mir nicht nehmen lasse, den Tony Martin der ausdauernden Gruppe zu machen und das gut gelaunte Ensemble nach Schuls führe.
Wo wir den Herrgöttli-Zapfhahn von Herrn Schulze aus Schuls glühen lassen.
*Name von der Redaktion geändert.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Über den Umbrailpass erreichen wir wieder die Schweiz, und der Ofenpass führt uns zurück ins Engadin, wo wir in Scuol nächtigen.
Das Ortlermassiv grüßt im Osten, das Stilfser Joch grüßt umso mehr. Und tatsächlich fahren wir zunächst von Bormio in Richtung Stilfser Joch. Etwa 300 Höhenmeter vor der Passhöhe wenden wir uns jedoch nach Norden und überqueren die Grenze zur Schweiz. Wer möchte, macht die Auffahrt zum Stilfser Joch einfach noch komplett und dreht wieder um, so viel Zeit muss sein. Dann geht es jedoch vom Umbrailpass hinab ins Münstertal – der ehemals nur geschotterte Pass ist inzwischen vollständig asphaltiert. Dann wenden wir uns nach Westen, wo es hinauf zum Ofenpass geht, quer durch den Schweizerischen Nationalpark. In Zernez erreichen wir wieder das Engadin, dem wir flussabwärts bis zum Etappenort Scuol folgen.
Option: Wenn man schonmal von Bormio bis zum Umbrail-Abzweig gefahren ist, kann man natürlich auch noch ganz aufs Stilfser Joch hoch. In dieser Variante kommt man auf 100 km / 2700 Hm.