04.09.2019,
Jan:
Der Kurschatten liegt heute morgen noch über Bagnères. Es ist eher kalt als kühl, und unsere zügige Fahrt nach Norden, hinaus aus dem Pyrenäen-Kernland, kann die Kälte kaum aus unseren müden Knochen verjagen. Ja, drei harte Pyrenäen-Etappen mit je 3.000 Höhenmetern haben ihre Spuren hinterlassen. Die Muskeln schmerzen, die Spritzigkeit nimmt ab. In St. Beat wenden wir uns nach Osten, und endlich kommt die Sonne hinter den Bergwänden des schmalen Pique-Tals hervor.
Der Col de la Menté ist keiner der ganz berühmten Pyrenäen-Pässe, aber eben auch ein Klassiker. Ich mag ihn nicht sonderlich. Ich bin ja schließlich in den Pyrenäen und nicht im Schwarzwald, da brauche ich keinen schwarzwaldesken Pass. Nett finde ich ihn aber schon, und mit 850 Höhenmetern auf 9,5 Kilometern ist er zumindest sportlich interessant. Aber ich stehe mit meiner ablehnenden Haltung voll alleine, und der Rest der Gruppe ist ganz begeistert von der schönen Serpentinenführung.
Auf die Abfahrt ins Ger-Tal freue ich mich allerdings, denn die ist schön in die Almwiesen trassiert (siehe Titelbild aus der Abfahrt). Und (bang!) stehen wir schon im nächsten Anstieg, dem Col de Portet-d'Aspet. Ich bin ihn (wie alle Pässe heute) noch nicht aus dieser Richtung gefahren, und daher weiß ich gar nicht mehr, wie weit unten Fabio Casartelli 1995 in dieser Abfahrt gestürzt ist. Quasi in der letzten Kurve. Etwas oberhalb der Sturzstelle ist das berühmte Denkmal, an dem wir kurz innehalten.
Der weitere (sehr steile) Anstieg führt durch einen Märchenwunderwald: Buchen und Birken, alle bemoost. Herrlich. Und kaum dreht man zweimal die Kurbel um, ist man oben. Ich spare 140 Kilojoule, indem ich 200 m unter der Passhöhe meine Wasserflasche leere. Aufgrund meines Wirkungsgrades von ca 25 Prozent, so erklärt mir Alexander oben, habe ich sogar 140 Kilokalorien gespart. Ha!
Eva ist noch nicht am vereinbarten Mittagspausenpunkt am Portet d'Aspet, was mir die Gelegenheit gibt, das Gepäckfahrzeug beim Tigersprung über die Passhöhe abzulichten. Mega Picknick wieder. Urlaubsstimmung.
Aber auch der schönste Urlaubstag geht einmal zuende, und so sammle ich die Meute für die Abfahrt. Markus möchte noch die Höhe vom Col de la Core wissen (835 Hm / 14,25 km), und so lassen wir die Gruppe schon abfahren. Und setzen ihr nach. Adrenalin jetzt!
Der Col de la Core ist ein wunderbarer, einsamer, mit fantastischen Ausblicken gesegneter Pass ohne jeden Verkehr. Wir genießen den Sommertag in der Auffahrt, am Gipfel, in der Abfahrt. Und lassen den Sommertag auf der Hotelterrasse ausklingen.
Alle fanden diese Etappe ganz ausgezeichnet, ich höre mehrfach, dass es die beste bisher war. Ha!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Und weiter geht der Pässereigen, drei weitere Klassiker können wir heute dem persönlichen Palmarès hinzu fügen. Etwas Schonfrist verschafft uns die flache Auftaktpassage zwischen dem Etappenort Luchon und Saint-Béat, dann macht der Col de Menté den Auftakt. Und weiter geht res mit der steilen Westrampe zum Col de Portet d'Aspet, wo einst Fabio Casartelli in der Abfahrt tödlich verunglückte. Die Abfahrt geht in eine weitere tendenziell bergab verlaufende Rollerpassage über, und dann steht uns nur noch der recht unbekannte, aber hübsche Col de Core unterwegs. Übernachtung heute in Oust im jungen Salat-Tal.