Tag 6. Königsetappe. Oder wie es das Roadbook beschreibt: Klassiker-Runde. Ab Andermatt über Furka, Nufenen und Gotthard. 105km mit 3207hm. Mit dem Nufenen (2478m) und dem Furka (2436) die beiden höchsten Pässe der Woche. Gotthard über das Val Tremola und die alte Kopfsteinpflasterstraße mit unzähligen Kehren. Ein Highlight jagt das nächste, was für eine Runde! Flache Kilometer? Mangelware!
Das Roadbook, welches ich am Abend austeile, hat keine Rückseite. Es gibt also keine offizielle Alternative. Da wir uns aber mit Zentralschweizer Pässemekka Andermatt befinden, gibt es unzählige Möglichkeiten. So viele, dass die Teilnehmer sich erst einmal absprechen sollen und müssen, weshalb wir die Roadbooks schon vor dem Essen austeilen. Gute Idee von Jens! Nahezu jeder Pass kann einzeln oder in Kombination gefahren werden. Entscheidungen sind auch noch unterwegs möglich je nach Lust und Laune. Und Beinen. Den Schweizer Bundesbahnen (SBB) sei Dank! Sie werden morgen auch gut an uns verdienen. Nach dem Essen dann Bestandsaufnahme. Erneutes Diskutieren und Nachfragen. Schnell kristallisieren sich aber zwei Varianten heraus.
A: Jens startet mit 3 Teilnehmern etwas eher als sonst auf die lange ursprünglich geplante Runde. Einer steigt wahrscheinlich in Airolo aus und kommt per Zug nach Andermatt zurück. B: Denny fährt mit 7 Männern um halb 10 per Bahn nach Ulrichen und geht dann Nufenen und Gotthard an. Peter will C alleine machen und per Zug nach Airolo, dann Gotthard und den Furka am Ende als Stichstraße. Ich werde die 4 "langen" auf dem Furka kurz verpflegen und dann für alle oben am Nufenen stehen. Das Wetter ist passabel angesagt. Wahrscheinlich kein Regen, angenehm im Tal, frisch oben am Berg. Wir sind ja auch im Hochgebirge.
Über Nacht ergibt sich dann ein Wechsel. Stephan gibt dem tagelangen Drängen der ganzen Gruppe Gruppe nach und bucht das Upgrade in die "lange" Gruppe von Jens. Philippe macht es wie Peter es ursprünglich am Abend geplant hatte. Er meint, den Nufenen kann er auch mal so von Zuhause aus mit dem Auto erreichen. Wohl dem, der das behaupten kann. Peter will stattdessen über den Gotthard, dann das Val Tremola runter und dann "rückwärts" auf den Nufenen. Vor der Kopfsteinpflasterabfahrt habe ich eigentlich abgeraten.
Jens und Stephan haben sich heute scheinbar einiges vorgenommen und sich diese Etappe ausgeguckt. Auch wenn sie schon um 8 gestartet sind (ich "erst" um 9), schaffe ich es mit nur Mühe und Not vor ihnen auf den Furka. Das gibt einen Eintrag ins Klassenbuch! Ob vom Lehrer oder für den Lehrer ist noch zu klären ;) Tobi und Wolfgang folgen kurz danach, sind aber auch erst halb 9 gestartet. In diesen 2er-Gruppen geht es auch in die Abfahrt. Dort herrliche Blicke das Tal hinab und auf dem Abzweig zum Grimselpass. Ich lasse die traditionsreiche quäldich-Verpflegungsstelle in Gletsch links liegen. Entgegen der Tradition regnet es heute dort auch nicht.
Unten in Ulrichen startet derweil Denny bei 20° und Sonne mit seiner Gruppe in den Anstieg zum Nufenen. Ich überhole sie noch auf dem ersten Kilometer, der die Gruppe aber bereits gesprengt hat. Stephan und Jens sind schon weiter und man sieht ihnen an, dass dieser Berg der schwerste des Tages ist: 14km lang + steil + Gegenwind = Schmerz pur. quäldich. Wo der Name noch für etwas steht! Heute ohne Pointe! Als ich weder Tobi noch Wolfgang überhole, habe ich Panik, schon wieder zu spät zu sein. Ein Anruf klärt aber auf: Ich habe sie nur am Abzweig zum Nufenen im Ort übersehen.
Oben am Pass dann zwei Passschilder, zwei Sprachen, genau 1 Meter Höhenunterschied. Der Nufenen ist der höchste ausschließlich in der Schweiz liegende Pass. Wir sind an der Grenze zwischen Wallis und dem Tessin. Im Radio kaum Musik und als Sprache nur Italienisch. Und Italiener und scheinbar auch italienische Schweizer reden gerne und viel. Ma io non parlo italiano! Der Gotthard wird uns später wieder nach Uri bringen. Grazie! Oben ziehen ein paar Wolken auf aber es bleibt stabil. Ein Audi-Werbeteam hat einen Q7 herausgeputzt bzw schon wieder dreckig gemacht und wartet auf den perfekten Augenblick. Unsere fabulous four kommen relativ geschlossen und werden ab jetzt wieder zum trio infernale denn Stephan hat Heimweh und geht wieder zu Denny in die Gruppe, die auch nach und nach die Passhöhe erreicht. Vom Tessin her zieht die Suppe den Pass hinauf aber nach zwei Kilometern Abfahrt mit kaum Sicht klart es wieder auf und jeder kann dieses rasante Teilstück genießen. Dort kommt uns dann auch Peter entgegen. Ihn verpflege ich kurz und dann geht es wieder dem Rest hinterher. Unten in Airolo startet dee Gotthard und führt durch das Val Tremola. Weil die meisten Autos die parallel verlaufende Schnellstraße nehmen, ist hier fast nichts los. Kehre über Kehre. Wie eine Schlange windet sich das Kopfsteinpflaster den Berg hinauf. Was für eine Straße!!! Episch!!! Auch wenn die Sonne weg ist und in der Höhe der Wind ordentlich über den Pass weht, scheint das Wetter zu halten. Ich erreiche oben noch Jens' Gruppe die gerade abfahren will und auch sie bedienen sich nochmal am Bulli. Dann warte ich auf den Rest. Denny haut nochmal alle Körner raus und fährt seiner Gruppe davon. Oben verteilt er dann Komplimente und ich Nutella-Brote. Was folgt ist eine Abfahrt nach Andermatt mit sensationellem Flow! Leider auch mit viel Wind weshalb Geschwindigkeitsrekorde ausbleiben.
Ausdrücklicher Respekt gebührt Tobi, Wolfgang, Jens und auch noch Philippe. Er hat wie die drei anderen die Runde komplett gemacht und ist auch noch den Nufenen hoch. Diese vier haben sich den Nachschlag beim Abendessen sowie den Apfelkuchen, den es heute nochmal für jeden gab, mehr als verdient!
Oscar des Tages: Für das WLAN im Hotel Monopol. So schnell hat noch keine Verbindung die Bilder (hauptsächlich von Denny und Jens) hochgeladen.
Grüße des Tages: An Partner, Familie und Freunde in der Heimat, mit denen wir regelmäßig im Austausch stehen und die so manch einen Teilnehmer definitiv motivieren. Danke! Und zum zweiten mal an das Schweizer Ehepaar, welches wir heute wieder am Gotthard getroffen haben. Die beiden sind dann nach Hause gerollt, wir müssen morgen noch einmal aufs Rad. Und heute Nacht soll es dann endlich kommen: Das Zwischentief
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Drei Pässe, Königsetappe. Die Runde von Andermatt über Furka, Nufenen und Gotthard ist eine der ganz großen Klassiker im Alpenraum.
Wiederum bleiben wir zwei Nächte am selben Ort und machen einen Rundkurs. Ganze drei Pässe stehen heute auf dem Zettel, und es beginnt gewissermaßen als
amuse-geule mit dem Furkapass, der uns ins Wallis führt, und Nostalgikern vielleicht aus dem James-Bond-Klassiker „Goldfinger“ bekannt ist. Schlag auf Schlag geht es weiter, Hauptgang es heutigen Pässemenus ist der Nufenenpass mit seinem endlos scheinenden Kehrenhang, der einiges an Durchhaltevermögen einfordert, dafür eine rasante Abfahrt nach Airolo ins Tessin ermöglicht. Und schließlich zum Dessert die
tremola auf den Gotthard, jene mythische Kopfsteinpflasterstraße mit den malerisch gemauerten Kehren. Der eine oder andere wird fluchen über das Pflaster, zur Tremola entwickelt man eine ganz besondere Hassliebe. Doch kaum jemand wird sich eines breiten Grinsens erwehren können, wenn wir auf der Gotthard-Passhöhe stehen, drei Monumente bezwungen haben und nur noch zurück nach Andermatt abfahren brauchen.