16.05.2017,
majortom:
Wieder mal eine wunderschöne, allerdings auch eine ziemlich harte Etappe liegt hinter uns. Königsetappe. Auf dem Mont Ventoux. Nach dem Pässequartett gestern also heute nur einen Berg, aber der hat es natürlich so richtig in sich. Besonders bei den frühsommerlichen Temperaturen, mit denen wir heute schon wieder verwöhnt werden.
Morgens ist die Euphorie groß, allerdings auch der Respekt. So oft in den vergangenen Tagen haben wir den Ventoux gesehen, hoch über uns, heute wollen wir selbst da rauf. Und zwar über die steile und klassische Variante von Bédoin aus, wie sie meistens auch bei der Tour de France gefahren wird. Und so überspringe ich einfach das Vorgeplänkel, das aus etwa 35 Kilometern hügeligem Anrollen nach Bédoin besteht.
Wieder haben wir eine entspannt-ausdauernde Hybridgruppe gebildet, was sich in den letzten Tagen sehr bewährt hat. Die Gruppe war immer äußerst homogen, heute zersplittert das Feld jedoch schon von Beginn an, was nicht zuletzt daran liegt, dass einige noch Wasserflaschen auffüllen wollen. Und dann geht es los. Die ersten Kilometer bis Sainte-Colombe sind noch recht human, dann jedoch geht es durch den Wald, und die Steigung fällt kaum noch unter neun Prozent. Man kann zwar gut seinen Tritt finden, aber es fehlen komplett die sonst üblichen flacheren Passagen, wo man sich hin und wieder mal ein wenig erholen kann. Immerhin ist es schattig.
Die 12 Kilometer bis zum Chalet Reynard sind hart erkämpft. Bei einigen - inklusive des Berichterstatters - zeigen sich sicher auch wegen der gestrigen Etappe die ersten Ermüdungserscheinungen. Beine und Kopf wollen nicht immer das gleiche. Der Turm auf dem Gipfel ist noch so weit oben, und irgendwie zieht er uns doch magisch an und sorgt dafür, dass die Motivation trotz der Anstrengung nicht nachlässt.
Am Chalet Reynard endlich die ersehnte Möglichkeit, etwas ruhiger zu rollen, denn es wird ab hier doch deutlich flacher. Und trotzdem sind es noch sechs harte Kilometer zum Gipfel. Die Felswüste, bekannt aus Tour-Übertragungen in Funk und Fernsehen - und wir mitteldrin. Und doch jeder für sich alleine im Kampf mit dem Giganten. Das Denkmal für Tom Simpson läutet den Entspurt ein, doch dummerweise beginnt hier eine letzte Rampe.
Doch dann stehen wir oben am Gipfel, und die Provence liegt uns zu Füßen. Und das bei nahezu Windstille und herrlicher Fernsicht - wer schon öfter hier war, weiß, dass das eine Seltenheit ist. Ein fast schon magischer Moment. Und wir sind so erschöpft, dass wir erst einen Moment brauchen, um es genießen zu können. Mont Ventoux. Bezwungen.
Was danach kommt, ist Zugabe. Abfahrt nach Malaucène, Berge von Salade Niçoise, und die obligatorischen Hügel im Ouvèze-Tal. Sensationelle Etappe. Aber auch verdammt hart.
Unweisheit des Tages:
,,Put me back on my bloody bike." (Tom Simpson)
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Für die Königsetappe steht nun der Gigant auf dem Programm. Die Bezwingung des Mont Ventoux auf der klassischen Strecke von Bédoin ist mit Sicherheit der Höhepunkt einer an Höhepunkten garantiert nicht armen Woche.
Die letzten Tage haben wir den Mont Ventoux ja schon ständig gesehen, und die Vorfreude auf den heutigen Tag ist sicherlich groß. Heute ist es soweit. Wir bezwingen den Giganten. Wozu eigentlich nicht viel zu schreiben ist, denn der Ventoux ist ein Monument, ein Mythos, der vielleicht prestigeträchtigste Anstieg der Tour de France (und selbst wenn Alpe d'Huez noch prestigeträchtiger sein sollte, der Ventoux ist anspruchsvoller und viel, viel schöner). Von oben liegt uns die ganze Provence zu Füßen, ein unglaubliches Panorama von den Hochalpen im Osten bis zu den Cevennen im Westen. Die Etappe startet – wie könnte es anders sein – entlang des Ouvèze-Tals, das wir inzwischen ausgiebig kennen und lieben gelernt haben. Über Malaucène und den kleinen Col de la Madeleine geht es nach Bédoin, wo die Auffahrt über 21 km und 1600 Hm startet. Grund genug, sich die Kräfte gut einzuteilen, denn auf das ohnehin schon schwere Teilstück zum Chalet Reynard folgt die erbarmungslose Schlusspassage durch die berühmte Geröllwüste, den Gipfel schon im Blick. Aber die Euphorie wird uns schon hinauf tragen, und natürlich wird der Gipfel fest in der Hand der Rennradfahrer sein – ein erhabenes Gefühl. Richtig genießen können wir die schnelle Abfahrt zurück nach Malaucène und das Ausrollen zurück nach Buis.