18.08.2017,
majortom:
Herzlich willkommen zur nahezu-Live-Berichterstattung von der Fernfahrt Freiburg-Nizza. Wir melden uns heute aus der Schmutzbierlounge auf der Terrasse vor dem Hotel zu Jausiers, um von einer erneut sehr schönen Etappe bei hochsommerlichen Bedingugen quer durch die Hochdauphiné und Hochprovence zu berichten. Der Panaché-Zapfhahn glüht, noch eine Etappe steht aus bis Nizza, die Stimmung ist wie immer hervorragend.
Der Tag beginnt mit einem sensationellen Frühstück im Hotel Grand Aigle in La Salle-les-Alpes - allerdings nicht ganz so sensationell wie das gestrige Abendessen im Restaurant Le Cavaillou, das in der langjährigen Historie der quäldich-Reisen mit vielen, vielen ebenso leckerer wie kalorienreicher Abendessen noch heraussticht. Volle Punkte auf der Gastroskala also für Serre-Chevalier. Die direkte Auswirkung: alle Bäuche sind prall gefüllt, als wir heute Morgen fast pünktlich um neun Uhr starten, und wir rollen gemütlich das erste Teilstück bis Briancon.
Gerade als es in den Anstieg zum Izoard geht, bekomme ich noch einen Anruf vom Hotel, so dass ich wieder mal mit Rückstand in den Pass starte. Aber was solls, es rollt schön bergauf, am Vormittag ist es noch angenehm kühl, und im mediterran anmutenden Kiefernwald ist es meistens schattig. Vielleicht im unteren Teil nicht der spektakulärste Pass unserer Tour, aber man hat immer wieder schöne Ausblicke auf die umgebenden schroffen Gipfel, dann beginnt der Kehrenhang, und viel schneller als erwartet haben wir die finalen Kilometer in offenem Gelände mit sensationellen Ausblicken erreicht. Oben auf der Passhöhe sammeln wir uns zum Gruppenfoto an der Passschildersatzsäule, doch leider beherrscht der engagierte Fotograf die Kamera des Berichterstatters nur unzureichend und macht nur ein verwackeltes Video. Also Ersatzgruppenbild mit Casse deserte-Panorama.
Apropos Casse deserte: die ersten Kilometer der Izoard-Abfahrt durch die mondlandschafteske Felsenlandschaft gehören mit zu den schönsten Abschnitten der Tour. Zumindest den Abschnitten mit der höchsten Fotostop-Dichte. Und dann geht es in die rauschende Abfahrt, unterbrochen nur durch zwei Guiderucksack-Einsätzen, allerdings nicht bei unserer Gruppe, sondern bei gestrandeten Italienern (lockerer Kurbelarm mittels Minitool angezogen) und gestrandeten deutschen Tourenradlern (Mini-Standpumpe zur Plattenaufpumpung geliehen). So dass ich mich im flacheren Abschnitt nach Guillestre im Einzelzeitfahrtempo als Poursuivant auf die Jagd nach der Gruppe begeben muss und die sehr schöne Guil-Schlucht kaum wahrnehme. Das übliche Schnittchenschlemmen in Guillestre folgt, und ab geht es in den Col de Vars.
Verdammt heiß ist es inzwischen geworden, was uns erst im Anstieg so richtig klar wird, als die heiße Luft über der Straße steht. Der Pass ist im unteren Abschnitt am steilsten, und jeder Höhenmeter ist hart erkämpft. Eine Quelle spendiert frisches
eau de source, und kurz darauf steht in Vars schon der übliche Cappuccino-Stop an, der gleichzeitig eine Durchmischung der Gruppen ausdauernd und entspannt darstellt. Zeit ist noch genug, die restlichen Höhenmeter sind überschaubar. So geht es dann in der Hybridgruppe zum Col de Vars und auf frisch asphaltierter Straße hinab ins Ubaye-Tal.
Das letzte Hindernis: Gegenwind. Doch unsere Geheimwaffe Tortentom bricht stoisch und kraftvoll den Wind an der Spitze, und unser Grupetto rollt in Jausiers ein. Siebte Etappe abgehakt. Eine fehlt noch. Laut einem Schild in Jausiers 143 km bis Nizza. Laut unserem Roadbook schaffen wir es in 140 - irgendwo scheinen wir also eine geheime Abkürzung eingebaut zu haben...
Weisheit des Tages:
"Panaché auf dem dem Portemonnaie!"
(Ausruf von Bier-Klaus, nachdem ein namentlich nicht genannter Schussel ein Glas umgekippt hat)
Grüße des Tages:
... gehen heute an die Tour de Frace, der wir wohl den neuen Asphalt in der Abfahrt vom Col de Vars verdanken.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Die siebte Etappe führt über den Col d'Izoard und den Col de Vars von Briançon nach Jausiers.
Zwei Pässe stehen heute auf dem Programm. Der Anstieg zum Col d'Izoard beginnt direkt in Briançon, so dass die Beine schnell auf Hochtouren kommen müssen. Dafür können wir nun spüren, dass wir so langsam in den Süden kommen, die Gegend wird trockener und mediterraner. Am Col d'Izoard sollte man sich dann nicht allzu schnell in die Abfahrt stürzen, denn die verwitterte Landschaft, die Casse Déserte, auf der Südseite will entsprechend gewürdigt werden. Die Abfahrt führt uns bis nach Guillestre, wo es nahtlos in den zweiten Anstieg des Tages über geht: den Col de Vars. Dieser wird auf der Route des Grandes Alpes immer nur als Übergangspass angesehen, da der Skiort Vars nicht gerade schön ist, doch mehr als 1000 Höhenmeter wollen überwunden werden, so dass man ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Dann erreichen wir das Ubaye-Tal und können bis zum Etappenort Jausiers gemütlich ausrollen lassen.