08.09.2017,
bruckner13:
Die heutige Etappe führt uns weiter nach Süden. Wie gewohnt, nahezu ohne Verkehr.
Dann wird die Straße schlechter und auch dreckig, ordentlich Baustellenverkehr. Neben uns wird im großen Stil unter chinesischer Leitung ein weiteres Teilstück der Verlängerung der dalmatinischen Autobahn gebaut. Ist das ein Zeichen der "alternativlosen" Zerstörung des allen mittlerweile sehr ans Herz gewachsenen Rennradparadieses Montenegro?
Der Spuk dauert zum Glück nicht lange. Der Anstieg zum "Verusa-Pass" (haben die Pässe überhaupt Namen?) ist sehr schön; die Abfahrt nach Podgorica schlicht klasse: Einfach Laufenlassen und Schauen. Allmähliches Abschiednehmen vom Gebirge.
Jetzt wird es erstmals auf unserer Tour zäh: Podgorica musst passiert werden, dann der Anstieg Richtung Cetinje auf der Hauptstraße. Ich erinnere mich an meine Tour vor zwei Jahren. Ich war damals nach 150km schon ziemlich angeknockt, Aber ich erinnere mich noch besser daran, was ich danach erlebte, dass ich wenige Kilometer nach dem Abbiegen stoppen musste, weil ich plötzlich in einer anderen Welt war.
Jetzt ist mir schon etwas bange: War ich damals einfach nur sentimental oder werden die mir lieb gewordenen Radler meiner Gruppe ähnlich reagieren? In der Abfahrt lasse ich alle unauffällig vorbei, krame meine große Kamera aus dem Rucksack und biege um die Kurve: Da stehen alle nebeneinander und kucken und fotographieren. ALLES GUT!
Mich erfasst der Zauber der Landschaft erneut, ich brauche lange bis ich zur Gruppe in der obligatorischen Bar an der alten Brücke in Rijeka Crnojevica stoße. Besonders gerührt bin ich, dort auch zufällig meine liebe Frau, die mitreisenden Freunde und dann auch den verspätet eintreffenden CvG, selbstverständlich mit glücklichem Abklatschen, zu treffen.
Auf die Frage wie weit es noch ist, 20 oder 30 km?, antwortet mein Unterbewußtsein: das spielt keine Rolle, gar keine!
Mehr oder weniger gemeisam mit Michael, Ria und Markus fahre ich, unterbrochen von etlichen unvermeidlichen Fotostopps, zum Hotel in Virpazar am Skutariesee.
Wie soll das weitergehen? Wir haben nun fünf Etappen hinter uns. Alle sehr unterschiedlich, aber alle schlicht großartig.
Mein Kopf ist mittlerweile voll, was habe ich da eigentlich alles gesehen? Mit seltsamer Erleichterterung, nehme ich die mäßige Wettervorhersage für die beiden letzten Etappen zur Kenntnis. Ist das die "Unerträgliche Leichtigkeit des Seins"?
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir unternehmen auf unserem Weg zurück nach Süden einen Abstecher ins Verusa-Tal und das Kucka krajina-Gebirge. Über die Hauptstadt Podgorica gelangen wir schließlich nach Virpazar am Skutari-See.
Heute sind die Abenteurer gefragt. Es geht zurück in den Süden des Landes, zurück zur Küste und vor allem zum Skutari-See, einem weiteren absoluten Highlight des Landes. Es beginnt doch mit einem Abstecher ins Verusa-Tal und ins Kucka krajina-Gebirge, wo nochmals einige Höhenmeter und auch giftige Rampen auf uns warten. Der höchste Punkt des Tages ist ein nameloser Pass auf ca. 1500 m Höhe in der Nähe des Sees Bukumirsko Jezero, eine der unbekannte Idyllen Montenegros. Auf etwa 5-6 km müssen wir über eine Naturstraße fahren, die jedoch mit etwas Vor- und Umsicht problemlos mit dem Rennrad zu befahren ist. (Wer dies sich selbst und seinem Rad nicht zumuten möchte, hat die Möglichkeit, auf der asphaltierten Hauptstraße über den etwas über 1200 m hohen Verusa-Pass zu bleiben. Auch das ist landschaftlich eindrucksvoll, nur halt eine Spur weniger...) So oder so gelangen wir dann über eine ausgedehnte Abfahrt nach Podgorica, die Hauptstadt Montenegros, die sich vor allem durch sozialistische Betonarchitektur auszeichnet, im letzten Jahrzehnt aber auch bedeutend aufgehübscht und modernisiert wurde. Wir halten uns hier jedoch nicht lange auf und beenden die Etappe mit einer flacheren Passage nach Virpazar, am schönen Skutari-See gelegen. Hier checken wir wieder für zwei Nächte ein.
Höhenmeter: ca. 1400