05.09.2015,
majortom:
Pyrenäen-Klassiker, Etappe 7. War es nur ein Zufall, dass zur siebten Etappe von einer mehr oder weniger bewährten Wetterseite im mehr oder weniger bewährten world wide web genau
sieben Sonnenstunden angesagt waren? Oder doch ein Zeichen einer höheren Wettermacht, genau heute über den
Tourmalet zu fahren?
Zunächst haben wir am Start in Arreau jedoch ein irdischeres Problem zu lösen. Der Schlüssel zu Kabelschloss 14 ist verschollen, und mit Kabelschloss 14 sind mindestens sieben Räder angeschlossen. Das Problem wird vorübergehend gelöst von Gilbert, der herausfindet, dass der Schlüssel von Kabelschloss 13 auch bei Kabelschloss 14 passt. Das Problem wird dann auch dauerhaft gelöst, als der Schlüssel in einem Papierkorb wiedergefunden wird. Aufgrund der bislang tadellosen Performance des Schuldigen wird die Strafe jedoch nochmal zur Bewährung ausgesetzt, und der Schuldige auch nicht hier an den virtuellen Pranger gestellt.
Weiterhin verzögert sich die Abfahrt in der ausdauernden Gruppe (aus deren Sicht berichtet wird) durch einen Platten, so dass die entspannte Gruppe zuerst aufbricht, während unsere Mechanikergilde sich noch ausdauernd die Hände wäscht. Dann geht es sofort los in die Steigung zum
Col d'Aspin, wo nach wenigen Kilometern auch schon die erste Sonnenstunde beginnt. Leider hält sie nicht ganz bis oben durch, wo vereinzelte Nebelschwaden um die Gipfel wabern. Egal, trotzdem eine schöne Auffahrt, gefolgt von einer kalten Abfahrt.
Und schon gehts hoch zum Tourmalet, wo tief hängende Wolken die Hoffnung auf weitere Sonnenstunden erstmal zerplatzen lassen. Es geht erst weit ins Tal hinein, dann über ein paar Serpentinen bis in den herzallerliebsten Skiort La Mongie. Laut Tom (dem anderen) hat er seinen Platz in der Top 10 der hässlichsten Skiorte sicher. Was aber nichts macht, denn die letzten vier Kilometer bis zur Passhöhe werden immer schöner, zumal recht pünktlich die Wolkendecke aufreißt und uns ein paar weitere Sonnenminuten beschert. Geier, Murmeltiere, Schafe – auch die lokale Tierwelt bietet einiges. So erreichen wir schließlich die Mittagsverpflegung, schändlicherweise 150 Meter unterhalb der Passhöhe. Auf die Baguetteorgie am Bindercruiser folgt dann noch eine Kaffeeorgie in der Passgastronomie, damit Tom (der andere) genug Zeit hat, vor uns das Hotel zu erreichen.
Herrliche Abfahrt in der Sonne bis Luz Saint-Saveur, unterbrochen von einem weiteren Platten, der aber schnell und fachmännisch behoben wird. Hier zersplittert die ausdauernde Gruppe etwas, da einige schon voraus gefahren sind. Dafür perfektionieren wir das Windschattenfahren bei Gegenwind das Tal hinunter.
Zum Abschluss beschert uns Streckenplaner
Jan noch eine kleinodige Höhenstraßenabkürzung, kurz zuvor hat sich jedoch noch die Katholikengang abgesetzt, um dem nahe gelegenen Lourdes einen Besuch abzustatten. Besagte Höhenstraßenabkürzung führt uns direkt bis in den Etappenort Aucun. Sensationelle Etappe, sensationeller Tourmalet, sensationelle Teilnehmer!
Die sportive Gruppe erhöht die Höhenmeterausbeute noch durch einen Abstecher nach
Luz-Ardiden. Der Berichterstatter dagegen erhöht die Höhenmeterausbeute in geringerem Umfang noch durch einen Abstecher zum
Col de Couraduque. Der vom Joch des Guiderucksacks befreite Berichterstatter wähnt sich dabei auf einem grandiosen Parforceritt, wird jedoch jäh auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, als etwa 500 m vor der Passhöhe ein einheimischer Rennradler überholt.
Wir geben zu, wir haben die Anzahl der Sonnenstunden nicht statistisch erfasst. Aber gefühlt waren es (nach den letzten Tagen) sieben. Mindestens.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
Col d'Aspin und Col du Tourmalet – heute dringen wir in das Pyrenäen-Herz der Tour-de-France-Klassiker vor.
Der Tourmalet war anno 1910 in der Gegenrichtung auch der erste Anstieg von Format, der je bei der Tour befahren wurde. Die abenteuerlichen Geschehnisse von damals kann man in der quaeldich-Passbeschreibung nachlesen.
Zum Abschluss des Tages fahren wir noch auf einer herrlich schmalen, verwinkelten Seitenstraße in den Anstieg zum Col du Soulor hinein, wo wir im Ort Aucun auf 870 m Höhe logieren.