25.08.2015,
Jan:
Der Himmel hatte sich am Lombarde-Tag völlig ausgeregnet und uns so einen wunderbaren Tag über den Dei Morti geschenkt. Die Marktleute in Cuneo meinten es etwas zu gut und fingen schon ihr Tagwerk ab 4 Uhr an. Ihr Tagwerk machte so viel Krach, dass viele von diesem sehr früh geweckt wurden. Doch ein sehr gutes Frühstück und die Aussicht einen wunderbaren Radtag am Dei Morti zu verbringen, ließen auch das frühe Aufwachen vergessen. Über den großen Platz, der voll mit Marktwagen stand, ging es im geschlossenen Verbund über eine große Brücke schnell raus aus Cuneo. Die frühmorgendliche Hektik der Stadt war ganz schnell verflogen und flach ging es an Maisfeldern vorbei in Richtung hoher Berge, die bedrohlich im Hintergrund die Szenerie bestimmten. Monte Rosa und Monte Viso waren an diesem traumhaften Tag für Kenner auszumachen. Caraglio bot mit Kirche und den Bergen im Hintergrund ein wunderbares Fotomotiv. Spätestens hier konnte man sich mit dem Dei Morti beschäftigen, auch wenn es auf langen Geraden noch kaum ansteigend nach Valgrana ging. Hier fuhren wir einen Italiener auf, der sich der Gruppe 1 anschloss und mit uns plauderte. Er war schon viel rumgekommen und er bestätigte, dass wir die schönste Seite des Dei Morti fahren, was sich auch hinter Pradleves bewahrheitete. Noch recht sanft ansteigend kurbelten wir an einem Flüsschen entlang durch das enge, grüne Tal weiter bergauf. Auch hier währte das Gespräch mit dem Italiener noch. Alle wollten die Auffahrt in vollen Zügen genießen und schlugen ein gemächlicheres Tempo an, vielleicht auch noch mit etwas Respekt auf die noch anstehenden Höhenmeter. In Campomolino stand ein längerer Stop an, um die Gruppe nicht nach Campomolino fahren zu lassen. Dieser Stop ließ eine Fotosession der 2. Gruppe zu mit wunderbarem Blick auf die Kirche von Colletto. Einige Kilometer später kam dann langsam der Aha-Effekt. Das Grün der Bäume wich immer mehr dem Grün der Weiden und den wunderbaren Felsformationen. Und dann kam noch das Santuario San Magno hinzu, das wunderbar in diese Szenerie passte. Die Straße zog mal steil, mal weniger steil nun zunächst am Hang entlang, dann geschwungen durch die Weiden. In diesem Abschnitt raubte nicht nur der Blick in die nähere Umgebung den Atem, sondern auch die berühmten Blicke ins piemontesische Flachland bis zum Appenin waren zu sehen. Irgendwie konnte man fast die Anstrengungen dieses herausfordernden Anstiegs vergessen. Viel zu schnell wollte er vorbeigehen und der Esischie war schon erreicht. Die letzten Meter zum Dei Morti waren nach wenigen Minuten zurückgelegt. Fotostop am Pantani-Denkmal und dann runter zum Valcavera, um die Teile der Abfahrt nach Demonte und die schöne Kammstraße in Augenschein zu nehmen. Kurz die 60 Höhenmeter zum Dei Morti weggequetscht und anschließend das Passglück in vollen Zügen genießen. Den wunderbaren Anstieg Revue passieren und hinunter zum Esischie. So hatte man fünf Pässe auf nur wenigen Kilometern erreicht. Am Esischie wartete eine italienische Überraschung auf die Radler in Form von Käse, Salami und Brot, sowie Obst, das in Cuneo auf dem Markt gekauft wurde. So hatte der Markt doch sein gutes gehabt, auch wenn er manchen Radler früh aus den Federn holte. 15 km Rumpelpiste trennten uns nun noch von der Pension Ceaglio, die alle gut geschafft haben, auch wenn Schlaglöcher, kurze Schotterabschnitte und viel Split auf der Straße den Abfahrtsgenuss dämpften. Dennoch fanden sich einige Teilnehmer, die die Abfahrt richtig super fanden. Für manche doch unverständlich, wie man eine solche Rumpelpiste schön finden kann. Ist nur zu hoffen, dass der Giro d´Italia diesen wunderbaren Pass besucht und diesem wieder eine ordentliche Asphaltierung beschert.
Morgen haben wir ja nochmals rund 250 Höhenmeter Rumpelpiste bis nach Ponte Marmora hinunter vor uns bevor mit Elvaschlucht, Sampeyre-Gipfel und Agnel die nächsten Highlights anstehen. Mal schauen, ob diese Pässe die Zähne ziehen werden, was die heutige Abfahrt nicht geschafft hat.
Ursprüngliche Beschreibung
Die dritte Etappe führt über einen der höchsten und spektakulärsten Pässe der Alpen, der aber dennoch fast unbekannt ist: der
Colle dei Morti.
Wir verlassen Cuneo abseits der Hauptstraßen auf schmalen Wirtschaftswegen und streben dem Valgrana zu, einem landwirtschaftlich genutzten Tal, in dem die abwechslungsreiche Ost-Auffahrt zum Colle dei Morti beginnt. Zunächst führt die Straße immer parallel zur Grana an Pradleves vorbei nach Castelmagno, wo sich das liebliche Flusstal bereits verabschiedet hat, die Grana zunehmend ein reißender Gebirgsbach wird und auch die Umgebung merklich alpiner wird.
Immer näher kommen die hochalpinen Felsformationen, spätestens nach dem Santuario San Magno taucht man in eine abgeschiedene Bergwelt ein, die es in den Zentralalpen, aber auch in den nördlicheren Westalpen so nicht mehr gibt. Die sportlich anspruchsvolle Strecke gerät bei so viel Staunen fast in Vergessenheit. Immer weiter geht es nach oben, immer schmaler wird das Asphaltband, und im Übermut nehmen wir nach Erreichen des Passes (2480 m) auch noch den weiteren Weg und die wenigen Höhenmeter zum Colle Valcavera mit, der in bizarre Felsformationen eingebettet ist und einen Blick in das Nachbartal ermöglicht, durch das allerdings nur Mountainbike-Trails zum Tagesziel führen.
Wir fahren den Weg zurück zum Colle d'Esischie und fahren vorsichtig ins Valle Maira ab, wo wir in einem ursprünglichen Dorf nächtigen.